Ambulante medizinische Versorgung durch zunehmenden MFA-Mangel in Gefahr
Bochum – Im Januar dieses Jahres kamen bundesweit umgerechnet auf 75 arbeitslose Medizinische Fachangestellte (MFA) 100 offene Stellenangebote. Was aus Sicht des Arbeitsmarktes für diese Berufsangehörigen eine günstige Situation ist, bringt die ambulante medizinische Versorgung in Gefahr. Auf diese dramatische Situation hat Hannelore König, Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe (VMF), hingewiesen.
Der Blick auf die Ergebnisse einer aktuellen Online-Umfrage zur Gehalts- und Arbeitssituation von MFA bestätige diese Bewertung, so König. Denn von den mehr als 3.900 MFA, die sich an der VMF-Umfrage beteiligten, erklärten 46 Prozent, dass sie in den vergangen zwölf Monaten mindestens mehrere Male im Monat daran gedacht haben, aus dem Beruf auszusteigen.
„Das ist eine sehr beängstigende Entwicklung“, sagte König. „Bei einer Umfrage 2017 waren es noch 22 Prozent. Wenn wir auch nur einen Teil dieser Kolleginnen und Kollegen verlieren, ist die Betreuung der Patientinnen und Patienten in den Arztpraxen und Medizinischen Versorgungszentren ernsthaft bedroht. Das zeigen bereits jetzt Untersuchungen des Zentralinstituts der kassenärztlichen Vereinigung.“
Ursachen für zunehmende Abwanderung von MFA aus dem Beruf sieht der VMF vor allem in der fehlenden finanziellen und öffentlichen Wertschätzung der Leistungen der Berufsangehörigen. Die Politik konzentriere sich seit geraumer Zeit nur auf die Pflege, so König.
„Das hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach erst heute wieder im Zusammenhang mit der Absage beim Coronabonus für MFA bestätigt. Dazu gehört auch, dass ab September 2022 der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte auf 13,70 Euro und für qualifizierte Pflegehilfskräfte auf 14,60 Euro steigt.“
Medizinische Fachangestellte würden eine dreijährige Ausbildung mit staatlichem Abschluss vor einer Ärztekammer absolvieren und damit in der Entgeltbemessung beim Verantwortungsgrad weit über den Kriterien von Pflegehilfskräften liegen. Dennoch gebe es für sie keinen höheren Mindestlohn. „Vielmehr gaben in der aktuellen Onlineumfrage rund zehn Prozent an, dass sie einen Bruttostundenlohn unter 12 Euro erhalten.“
Zudem stellte in der Umfrage jede vierte MFA fest, ein Entgelt zu erhalten, das geringer ist als im Tarifvertrag laut Berufsjahr und Tätigkeitsgruppe verankert ist. „Das heißt auch, dass wir neben der zeitnahen Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen unbedingt eine höhere Tarifverbindlichkeit im ambulanten Bereich benötigen“, forderte König.
Mit Blick auf Aussagen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kommentierte sie: „Wenn der Bund dafür sorgen will, dass zukünftig öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an Unternehmen gehen, die nach Tarif bezahlen, dann sollte das auch für gesetzliche Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts gelten und dies bei Honorarverhandlungen entsprechend berücksichtigt werden.“
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