Ampelfraktionen wollen Weltgesundheitsorganisation stärken

Berlin – Um weltweit künftig besser auf Gesundheitsgefahren oder Pandemien vorbereitet zu sein, wollen die Ampelfraktionen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stärken.
In einem Antrag fordern die Bundestagsfraktionen SPD, Grüne und FDP die Bundesregierung auf, die Anhebung der Pflichtbeiträge zur Finanzierung der WHO bis spätestens 2030/2031 aktiv zu unterstützen und diesbezüglich verstärkt in Verhandlungen mit den anderen WHO-Mitgliedstaaten zu treten.
Der Antrag soll übermorgen im Bundestag zur Abstimmung stehen. Die Ampelfraktionen hoffen zudem auf Unterstützung der Unionsfraktion.
Die 75. Weltgesundheitsversammlung (WHA) – das höchste Entscheidungsorgan der WHO – hatte bereits im Mai vergangenen Jahres beschlossen, den Anteil der Pflichtbeiträge auf 50 Prozent anzuheben.
Dieser Beschluss muss allerdings jeweils von den 194 WHO-Mitgliedstaaten und mit jeden Haushaltsverhandlungen erneut befolgt werden. Das zeigt sich allerdings schwierig, denn die Haushaltslagen weltweit seien angespannt, erklärte Tina Rudolph, Sprecherin für Globale Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion, heute bei einem Pressgespräch.
Insbesondere die COVID-19-Pandemie habe gezeigt, dass die WHO als Organisation der globalen Gesundheit künftig handlungsfähiger und unabhängiger werden muss, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion und Vorsitzender des Unterausschusses Globale Gesundheit, Andrew Ullmann.
„Die Finanzen der WHO stehen nicht auf einer soliden Basis“, so Ullmann. Etwa 80 Prozent der WHO-Finanzen basieren demnach auf freiwilliger Basis und lediglich rund 20 Prozent sind durch Pflichtbeiträge der Mitgliedstaaten festgelegt, erklärte Ullmann. Vor fünfzig Jahren war diese Verteilung noch andersherum.
WHO-Etat liegt bei knapp sieben Milliarden USD
Mitgliedstaaten und Stiftungen setzen diese freiwilligen, aber auch zweckgebundenen Beiträge ein, um etwa bestimmte Projekte der WHO gezielt zu finanzieren. Damit kann die WHO jedoch keine übergeordnete Planung von Projekten und Vorhaben realisieren.
Für den aktuellen Haushaltszeitraum (2022-2023) liegt die Höhe der Einnahmen der WHO bei 6,72 Milliarden US-Dollar. Wie viel die einzelnen Mitgliedstaaten an die WHO überweisen, hängt von der jeweiligen Wirtschaftskraft ab. Deutschland musste für den Haushalt 2020-2021 laut diesem Schlüssel etwa 6,4 Prozent beitragen.
„Deutschland ist das zweitgrößte Geberland nach den USA“, sagte Ullmann. Für die Jahre 2022-2023 hat Deutschland einen Pflichtbeitrag von 58 Millionen US-Dollar geleistet sowie weitere knapp 800 Millionen Dollar freiwillige Beiträge, so der FDP-Politiker.
Globale Bekämpfung von Pandemien besser ermöglichen
Neben der Anhebung der Pflichtbeiträge soll sich die Bundesregierung dem Antrag zufolge auch dafür einsetzen, Reformen der WHO voranzutreiben, um ihre Unabhängigkeit und Durchsetzungsfähigkeit von Regeln zu stärken, um besser im Bereich der globalen Gesundheit arbeiten zu können.
„Wir merken auch, dass Gesundheitsgefahren weltweit mehr denn je nicht national zu lösen sind. Eine Pandemie macht nicht an Grenzen Halt“, sagte Rudolph. Deshalb brauche es eine unabhängige und starke WHO, um etwa allen Menschen weltweit Zugang zu Diagnostika oder Impfungen zu verschaffen.
Insbesondere um künftige Pandemien besser eindämmen zu können, arbeitet die WHO derzeit an einem Pandemieinstrument sowie an einer Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV). Der Antrag der Bundestagsfraktionen fordert die Bundesregierung auf, sich bei der Ausarbeitung dieser Vorhaben aktiv zu beteiligen und dafür zu sorgen, dass die WHO im Bereich der Pandemieprävention, - vorsorge und -reaktion eine zentrale Rolle einnimmt.
Die Erarbeitung eines Pandemievertrags sei insbesondere hinsichtlich der Klimakrise ein sehr wichtiges Instrument, betonte Johannes Wagner (Grüne), stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses Globale Gesundheit. Denn mit dem Anstieg der globalen Erwärmung und weiteren Hitzewellen seien auch neu auftretende Infektionskrankheiten sowie der starke Anstieg von Hitzetoten verknüpft.
Resolution zu Klima und Gesundheit unterstützen
„Die Klimakrise wird auch zu einer gigantischen Gesundheitsgefahr“, sagte Wagner. Deshalb müsse die Bundesregierung die WHO auch bei der Bekämpfung der Auswirkungen der Klimakrise besser unterstützen. Im Antrag der Fraktionen heißt es, dass das Klimaprogramm der WHO nachhaltig finanziert werden sollte.
Zudem fordern die Antragsteller die Bundesregierung auf, die Initiative Kenias und Ghanas zur Verhandlung und Verabschiedung einer Resolution zu Klima und Gesundheit auf der Weltgesundheitsversammlung im kommenden Jahr zu unterstützen.
Zur Erklärung: Das internationale Übereinkommen eines Pandemievertrags soll ein dauerhaftes und langfristiges politisches Engagement mit klaren Verfahren und Aufgaben ermöglichen, um Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen besser und schneller in allen relevanten Politikbereichen zu berücksichtigen und fördern zu können.
Die Erarbeitung eines solchen Instruments hatte die WHO Ende 2021 auf einer Sondertagung der Weltgesundheitsversammlung beschlossen. Im März 2022 hat zudem der Rat der Europäischen Union beschlossen, sich aktiv daran zu beteiligen. Auf der kommenden Weltgesundheitsversammlung im Mai soll ein Fortschrittsbericht vorgelegt werden und im Mai 2024 soll das Instrument fertiggestellt und der 77. Weltgesundheitsversammlung zur Annahme vorgelegt werden.
Die Novellierung der IGV soll zudem als zentrales Instrument den Umgang mit Krankheitsausbrüchen mit internationalem Gefahrenpotenzial behandeln. Endgültige Änderungsvorschläge sollen ebenfalls bis 2024 vorliegen. Zuletzt wurden die IGV aufgrund der SARS-Epidemie 2003 überarbeitet und 2005 von den WHO-Mitgliedstaaten verabschiedet.
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