Amtsärzte wollen EU-weite Coronatestpflicht für Reisende aus China

Berlin – Die deutschen Amtsärzte fordern für alle Einreisenden aus China eine einheitliche Coronatestpflicht in der Europäischen Union. Bei einer explosionsartigen Ausbreitung wie derzeit in China müsse man damit rechnen, dass das Virus mutiere, sagte Johannes Nießen, Vorsitzender des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), den Zeitungen der Funke Mediengruppe heute. Deswegen müsse man vorbereitet sein.
„Wir brauchen jetzt ein europaweit einheitliches Schutzkonzept“, so der Mediziner. „Jeder Reisende aus China sollte bei der Einreise in die EU per Schnelltest getestet werden.“ Die Regel müsse für Geschäftsreisende, Touristen und andere Besucher gelten. Bei einem positiven Testergebnis müsse ein PCR-Test folgen und die Probe sequenziert werden. Wer sich infiziert habe, solle in jedem Fall in Isolation gehen müssen, so Nießen.
Die Europäische Union hatte bei Beratungen zur Coronawelle in China am vergangenen Donnerstag noch keine gemeinsame Linie beschlossen.
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides rief die Staaten lediglich dazu auf, ihre nationalen Maßnahmen zur Überwachung des Virus zu überprüfen und gegebenenfalls wieder hochzufahren. Für morgen setzte die schwedische EU-Ratspräsidentschaft ein weiteres Treffen des zuständigen Krisenreaktionsmechanismus an.
Mehrere europäische Länder haben inzwischen Einreisebeschränkungen für Reisende aus China erlassen oder diese in Aussicht gestellt, darunter Frankreich, Italien und Spanien. In Frankreich sind künftig auch PCR-Tests nach der Ankunft vorgeschrieben. Die Bundesregierung hatte vorgestern hingegen bekräftigt, dass sie zunächst noch abwarten will. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte am Freitag eine Verschärfung der Einreiseregeln in Deutschland für „noch nicht notwendig“.
Die Linke kritisierte diese Linie und forderte eine PCR-Testpflicht für Reisende aus China auch an deutschen Flughäfen. „Die Nachricht, dass am Mailänder Flughafen fast jeder zweite getestete Passagier aus China coronapositiv war, muss alarmieren“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Kathrin Vogler, dem Nachrichtenportal t-online. „Um herauszufinden, ob Reisende aus China eventuell eine bisher unbekannte Virusvariante mitbringen, ist eine PCR-Testpflicht mit Sequenzierung sinnvoll.“
Nach Einschätzung der EU-Gesundheitsbehörde ECDC hat die massive Coronawelle in China voraussichtlich keine Auswirkungen auf die epidemiologische Situation in Europa. „Die Varianten, die in China zirkulieren, zirkulieren auch schon in der EU, und stellen als solche keine Herausforderung für die Immunantwort von Bürgern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) dar“, hieß es heute in einer Mitteilung. Außerdem gebe es eine relativ hohe Immunität und Impfquote unter Bürgern der EU und des EWR.
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