Ärzteschaft

Antibiotika­versorgung: Experten plädieren für grenzüber­schreitendes Vorgehen

  • Freitag, 30. Juni 2023
/poco_bw, stock.adobe.com
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Leipzig/München – Verschiedene Experten für Infektionskrankheiten haben im Rahmen des 16. Kongresses für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (KIT) gefordert, die medizinische Versorgung nicht nur national, sondern auch über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg zu verbessern. Die aktuelle Arzneimittelkrise in Deutschland sei ein Weckruf dafür.

„Der Antibiotikamangel ist ein weltweites Problem, das vor allem in Entwicklungsländern gravierende Aus­wirkungen hat“, sagte Kongresspräsident Torsten Feldt von der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Globale Gesundheit (DTG).

Was bei uns ein Problem sei, sei dort eine Katastrophe: Besonders in Afrika, aber auch in einigen Ländern Asiens, sei die Sterblichkeit durch Infektionskrankheiten und durch antibiotikaresistente Erreger enorm hoch. Laut Feldt zeigen Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass in ärmeren Ländern rund jedes zehnte Antibiotikum verunreinigt, zu gering konzentriert oder gefälscht ist.

„Hinzu kommen strukturelle Probleme wie eine kaum vorhandene Laborkapazität zur Erreger- oder Resistenz­bestimmung“, so Feldt. Auch Mängel in der Medizinerausbildung, in der der rationale Einsatz von Antibiotika kaum eine Rolle spiele, trügen zum unsachgemäßen Antibiotikaeinsatz und zur Resistenzentwicklung bei.

Mangels Reserveantibiotika seien Antibiotikaresistenzen dann kaum mehr zu behandeln – und bedrohten letztlich auch die westliche Welt. „Multiresistente Erreger kennen keine Landesgrenzen“, sagte Feldt.

Die DTG hat daher zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) ein intensives und international abgestimmtes weltweites Vorgehen gegen Antibiotikaresistenzen gefordert.

„Dazu zählt der Ausbau einer Infrastruktur für Diagnostik und Surveillance der Resistenzlage ebenso wie eine verbesserte Antibiotic Stewardship-Ausbildung“, verwies Feldt. Zudem müsse analysiert werden, welche Antibiotika verfügbar seien und wie sie eingesetzt würden, Gesundheitssysteme müssten gestärkt sowie Lieferketten diversifiziert und gesichert werden.

„Weil der Kostendruck oft enorm ist und die wirtschaftlichen Anreize gering, gibt es für manche Wirkstoffe nur eine Handvoll Hersteller weltweit“, so Feldt. Diese Zentralisierung mache den Antibiotikamarkt anfällig für Störungen. Auch in diesem Punkt müssten Regierungen, die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft und Organisationen wie die WHO noch intensiver zusammenarbeiten.

hil/sb

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