AOK-Bundesverband warnt vor vertraulichen Erstattungspreisen für neue Arzneimittel

Berlin – Der AOK-Bundesverband warnt vor der Einführung von vertraulichen Erstattungspreisen für neue Arzneimittel. Die Versichertengemeinschaft werde durch die Einführung von Geheimpreisen finanziell erheblich belastet, so der Kassenverband anlässlich der heutigen Verbändeanhörung zum Referentenentwurf für ein Medizinforschungsgesetz (MFG).
Zudem drohe ein massiver Bürokratieaufbau bei den Krankenkassen. Anders als in der Pharmastrategie angekündigt, sei durch die geplante Regelung mit erheblichen Transaktions- und Verwaltungsaufwänden bei den gesetzlichen Krankenkassen zu rechnen, betonte Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.
„Das ist das Gegenteil des in der Pharmastrategie versprochenen Bürokratieabbaus. Wir müssten ganz neue Prozesse zur Rückerstattung von Überzahlungen an die pharmazeutischen Unternehmer inklusive eines neuen Mahnwesens aufbauen.“ Allein dadurch sei perspektivisch mit erheblichen zusätzlichen Bürokratiekosten im dreistelligen Millionenbereich pro Jahr zu rechnen, so Reimann.
Noch weitaus größer seien die zu erwartenden finanziellen Folgewirkungen durch die Aufhebung „bisher gut funktionierender Mechanismen zur Preisregulierung“. Wie Reimann warnte, kollidiere die geplante Regelung zu den vertraulichen Erstattungsbeträgen mit einer Reihe von bestehenden Instrumenten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine wirtschaftliche Arzneimittelversorgung, die auf Preisvergleichen basieren.
So könnten Ärzte oder Apotheken die Kosten einer Therapie ohne Kenntnis der tatsächlichen Erstattungsbeträge nicht mehr abschätzen und Medikamente entsprechend preisgünstig verordnen beziehungsweise abgeben.
Außerdem drohen nach Einschätzung der AOK durch den Prozess der Nacherstattung, der im Gesetzentwurf vorgesehen ist, erhebliche Liquiditätsverschiebungen und Kostensteigerungen. Im Ergebnis würde die Einführung vertraulicher Erstattungspreise zu finanziellen Mehrbelastungen der Versichertengemeinschaft führen – „zugunsten der Gewinne der pharmazeutischen Hersteller“.
„AOK und Co. müssten den Pharmafirmen, die in Deutschland ohnehin schon einzigartig gute Marktbedingungen haben, quasi einen zinslosen Kredit in Milliardenhöhe geben und zugleich sämtliche Lasten für die Durchführung und Umsetzung der neuen Regelungen tragen. Der Plan zur Einführung von Geheimpreisen ist daher ein Irrweg“, so Reimann.
Der AOK-Bundesverband begrüßt allerdings jenseits der Regelungen zu den vertraulichen Erstattungspreisen auch einige geplante Maßnahmen des Referentenentwurfes. Dies gilt unter anderem für den Abbau von bürokratischen Hürden und die Beschleunigung von Prüfverfahren für die Initiierung und Durchführung von medizinscher Forschung.
Allerdings müsse auch unter den veränderten Rahmenbedingungen die Patientensicherheit im Blick behalten werden, die durch beschleunigte und vereinfachte Prüfverfahren nicht gefährdet werden dürfe.
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