Bundesgerichtshof verbietet Skonto auf verschreibungspflichtige Arzneimittel

Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass gesetzliche Preisuntergrenzen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch den pharmazeutischen Großhandel nicht unterschritten werden dürfen. Das Urteil dürfte große wirtschaftliche Auswirkungen auf viele Apotheken haben.
Konkret haben die Richter die Revision gegen ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom Juni vergangenen Jahres zurückgewiesen (Az.: 6 U 86/21), wie der BGH auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes (DÄ) mitteilt.
In dem Verfahren hatte die Wettbewerbszentrale wegen unlauteren Handelns gegen einen Parallel- und Reimporteur von Arzneimitteln geklagt, weil dieser Apotheken im Direktgeschäft 3,04 Prozent Rabatt zuzüglich drei Prozent Skonto bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen gewährt hatte.
In dieser gängigen Vorgehensweise im Arzneimittelgroßhandel sah die Wettbewerbszentrale einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) und die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).
Durch die gewährten Konditionen unterschreite der Preis für die Apotheke den laut AMPreisV zu erhebenden Betrag. Denn der aus der Summe des Abgabepreises des Herstellers zuzüglich Festzuschlag von 70 Cent und Umsatzsteuer gebildete Betrag stelle den Mindestpreis für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel dar.
Vor dem BGH erhielt die Wettbewerbszentrale nun in letzter Instanz Recht. Demnach darf der gewährte Nachlass an die Apotheke nicht über die gesetzlich genannte Spanne von 3,15 Prozent hinausgehen, die der Hersteller dem Großhändler einräumt. Vereinfacht gesagt, darf der Großhändler maximal den Rabatt gewähren, den er selbst erhält.
Im Geschäft mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verlieren die Apotheken damit die letzte Möglichkeit, über die Aushandlung besserer Konditionen ihren Gewinn zu steigern.
Wie die Treuhand Hannover, eine Steuer- und Wirtschaftsberatung für Apotheken, Ärzte und weitere Heilberufe, dem DÄ sagte, dürften insbesondere größere Apotheken und Apothekenverbünde von dem Urteil betroffen sein.
Denn diese optimieren demnach ihre Margen vor allem dadurch, dass sie über die Abnahmemengen bessere Konditionen mit den pharmazeutischen Großhändlern verhandeln. Im Durchschnitt werde der Verlust durch das Skontoverbot bei rund 22.000 Euro pro Apotheke liegen, hieß es.
Das entspräche mehr als 15 Prozent des durchschnittlichen Vorsteuergewinns von 140.000 Euro im Jahr. Bei den engen Margen, mit denen viele Apotheken mittlerweile kalkulierten, könne das die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Betriebe spürbar verstärken.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) sieht deshalb jetzt die Politik am Zug. „Das Urteil kommt nicht überraschend und bestätigt im Ergebnis unsere Forderung nach sofortiger spürbarer finanzieller Entlastung der Apotheken“, erklärte dessen Vorsitzender Hans-Peter Hubmann.
Das Urteil führe zu einer weiteren erheblichen Belastung der ohnehin wirtschaftlich angeschlagenen Apotheken und verschärfe die bestehende Unterfinanzierung weiter. „Es ist mithin umso dringender, dass die politisch Verantwortlichen endlich ihrer Verantwortung auch gerecht werden“, betonte Hubmann. “Will man die Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht grundsätzlich aufs Spiel setzen, zählt hier jeder Monat.“
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