Politik

Apotheker machen gegen internationale Versandhändler mobil

  • Freitag, 9. Dezember 2016

Berlin – Die deutschen Apotheker haben sich mächtig über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Preisbindung von rezeptpflichtigen Arzneien geärgert. Jetzt wollen sie die Patienten in Stellung bringen. Mit einer massiven Unterschriftenkampagne will der Apothekerverband ABDA gegen angebliche Vergünstigungen für internationale Versandhändler mobilmachen. „Aktuelle Entscheidungen der EU machen es ausländi­sch­en Konzernen noch einfacher, sich an unserem Gesundheitssystem zu bereichern“, heißt es in einem Aufruf, der noch vor Weihnachten an die mehr als 20.000 Apotheken ver­schickt werden soll.

In dem Aufruf, der mit einer Unterschriftenliste in den Apotheken ausgelegt werden soll, wird weiter beklagt: „Internationale Versandhändler wollen die Rosinen aus unserem System picken, ohne einen wesentlichen Beitrag für Sie, die Patienten, zu leisten. Dies gefährdet Ihre Apotheke vor Ort.“ Als Konsequenz drohe unter anderem die Einstellung der Nacht- und Feiertagsdienste in Notfällen.

Beigelegt ist für Apothekenleiter eine Erläuterung, die auf den Auslöser der Kampagne in den Apotheken hinweist. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) schränkt die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente den grenzüberschreitenden freien Warenverkehr ein und verstößt damit gegen EU-Recht. Nach dem Urteil vom Okto­ber können künftig Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland zum Ärger der hier ansäs­si­gen Apotheken die deutsche Preisbindung unterlaufen.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hob hervor, dass On­line-Apotheken seit Jahren die traditionellen Apotheken bei der Medikamentenver­sor­gung der Menschen ergänzten. „Gerade der Versandhandel kann dazu beitragen, dass die Versorgung von Patienten, die bereits heute im ländlichen Raum längere Anfahrts­we­ge zu niedergelassenen Apotheken haben, verbessert wird“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, heute auf Anfrage.

Zur Arzneimittelversorgung sollten alle Vertriebswege, die eine sichere Versorgung ga­ran­tieren, genutzt werden – ob Pick-up-Stellen, Versandhandel oder die traditionelle Apo­theke an der Ecke. „Wir sehen in der Entscheidung des EuGH auch einen Impuls in Richtung der Apothekerverbände, die Zukunft in den Blick zu nehmen“, fügte Lanz hinzu.

Die Mitgliederversammlung der ABDA  der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerver­bände – begrüßte dagegen in einer Resolution vom Mittwoch, dass Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und der Bundesrat den Versandhandel mit Arzneimitteln auf nicht verschreibungspflichtige Produkte beschränken wollen. „Allein diese Maßnahme stellt gegenwärtig die richtige und zeitnah wirksame gesetzgeberische Reaktion auf die nicht nachvollziehbare Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 dar“, hieß es. Grüne und SPD hatten sich allerdings mehrfach skeptisch über das Vorhaben von Union und Bundesrat geäußert.

Im Text über den Unterschriftenlisten der ABDA, die noch vor Weihnachten in allen Apo­the­ken ausliegen sollen, wird nicht auf das EuGH-Urteil eingegangen. Die ABDA wandte sich jedoch gegen den Eindruck, anti-europäische Vorbehalte zu schüren. Der gerade wiedergewählte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt räumte laut Apotheke adhoc aber ein: „Wir wissen, dass dies missverstanden werden kann.“ Man stelle aber in der EU eine allgemeine Tendenz zu Entscheidungen gegen nationale Hoheiten fest, hieß es nach Dar­stellung der Zeitschrift bei der ABDA.

dpa

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