Politik

Bundessozialgericht erleichtert Zugang zu Erwerbsminderungs­rente

  • Mittwoch, 11. Dezember 2019
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Kassel – Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat den Zugang zu einer Erwerbsmin­derungs­rente erleichtert und die Voraussetzungen dafür an die Bedingungen des heuti­gen Arbeitsmarkts angepasst. Nach einem heute verkündeten Urteil (Az: B 13 R 7/18 R) kann ein Anspruch auf Erwerbs­minderungsrente auch dann bestehen, wenn es wegen zahlreicher „gewöhnlicher“ ge­sund­heitlicher Einschränkungen faktisch keine Tätigkeit mehr gibt, die die betroffene Person ausführen kann.

Schon nach bisheriger BSG-Rechtsprechung kann Anspruch auf eine Erwerbsminderungs­rente bestehen, wenn der Arbeitsmarkt für einen Menschen aus gesundheitlichen Grün­den „verschlossen“ ist, er also faktisch keinen passenden Arbeitsplatz finden und die Rentenversicherung auch keine solche Tätigkeit benennen kann.

Die Hürden dafür waren allerdings hoch. Voraussetzung war eine „schwere spezifische Einschränkung“ oder mindestens zwei in der Summe „ungewöhnliche“ Einschrän­­­ku­n­­gen, etwa eine erhebliche Sehstörung oder der Ausschluss von Tätigkeiten, die auch nur teil­weise im Stehen auszuüben sind.

Im Streitfall hat der heute 55-jährige Kläger zahlreiche „gewöhnliche“ Einschränkungen. Er kann keine körperlich schweren Tätigkeiten ausüben, nicht länger stehen, sich schwer konzentrieren – und vieles mehr. Er macht geltend, dass auch für ihn der Arbeitsmarkt letztlich „verschlossen“ sei.

In der Vorinstanz gab ihm das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam Recht, weil es insgesamt kaum noch Stellen für „Einfacharbeit“ gebe. Dem folgte das BSG nun zwar nicht. Daher kann die Rentenversicherung Arbeitslose mit körperlichen Ein­schrän­kungen weiterhin auf einfache Tätigkeiten verweisen.

Allerdings kann nach der neuen Rechtsprechung ein Anspruch auf Erwerbsminderungs­rente auch dann bestehen, wenn „mehrere, auf den ersten Blick gewöhnliche Leistungs­ein­schränkungen vorliegen“. Voraussetzung sei, dass diese sich in der Summe wie zwei „ungewöhnliche“ Einschränkungen auswirken, so dass der Arbeitsmarkt als faktisch „verschlossen“ gelten kann.

Dies muss nun das LSG Potsdam im vorliegenden Fall nochmals prüfen. Wenn es den Arbeitsmarkt als verschlossen ansieht, muss es weiter Klären, ob es für die benannte Vergleichstätigkeit eines „Pförtners an der Nebenpforte“ tatsächlich noch Arbeitsplätze gibt.

afp

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