Vermischtes

Corona: Hunderte Tote durch Gerüchte im Netz

  • Mittwoch, 12. August 2020
Im Internet kursieren immer wieder Gerüchte, das Trinken von Desinfektionsmittel könne vor Covid-19 schützen. /picture alliance, Matias Delacroix
Im Internet kursieren immer wieder Gerüchte, das Trinken von Desinfektionsmitteln könne vor Covid-19 schützen. /picture alliance, Matias Delacroix

Sydney/Berlin – Seit Beginn der Coronapandemie haben Fehlinformationen und Gerüchte in Verbindung mit dem Virus SARS-COV-2 weltweit Hunderte Menschen das Leben gekos­tet. Tausende weitere mussten wegen der im Internet verbreiteten Falschinformationen im Krankenhaus behandelt werden. Das zeigt eine jetzt im American Journal of Tropical Medicine and Hygiene veröffentlichte Studie (DOI: 10.4269/ajtmh.20-0812).

Das internationale Team hatte zwischen Dezember 2019 und April 2020 Gerüchte, Stig­ma­tisierungen und Verschwörungstheorien rund um COVID-19 gesammelt, die auf On­lineplattformen wie Facebook und Twitter, aber auch auf den Online-Auftritten von Zei­tungen kursierten. Zusätzlich sichteten sie sogenannte Fact-Checking-Websites, die ver­suchen, über Falschinformationen im Internet aufzuklären.

Insgesamt analysierten die Wissenschaftler mehr als 2.300 Berichte in 25 Sprachen aus 87 Ländern. Davon hätten sich 82 Prozent als falsch herausgestellt, so die Studie. Die meisten davon grassierten demnach in Indien, den USA, China und Spanien.

Viele der überwiegend in sozialen Netzwerken verbreiteten falschen Behauptungen zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 seien gefährlich und teilweise lebensbedrohlich, stellten die Forscher fest. „Gerüchte können sich als glaubwürdige Strategien zur Infektionsprä­vention und -kontrolle tarnen“, so die Warnung.

So kostete der Konsum von hochkonzentriertem Alkohol der Studie zufolge weltweit 800 Menschen das Leben. Sie hatten geglaubt, ihren Körper auf diese Weise desinfizieren zu können.

Mehr als 5.800 hätten nach dem Verzehr von Methanol im Krankenhaus behandelt wer­den müssen, 60 seien erblindet. Zwei gesunde Männer in Katar tranken in dem Glauben, sich damit zu schützen, Desinfektionsmittel – laut Studie mit lebensgefährlichen Folgen.

In Indien hätten zwölf Menschen – darunter fünf Kinder – einen Drink aus hochgiftigen Stechäpfeln zu sich genommen. Den Angaben zufolge hatten sie in sozialen Netzwerken ein Video gesehen, in dem die Pflanzen zur Immunisierung gegen Sars-CoV-2 beworben wurden. Alle wurden krank.

Urin von Tieren wird als Wunderwaffe angepriesen

Ebenfalls in Indien sei das Gerücht verbreitet worden, der Konsum von Kuhurin oder -dung beuge einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 vor. In Saudi-Arabien sei Kamelurin mit Limone als Wunderwaffe gegen COVID-19 angepriesen worden.

Die Forscher untersuchten zudem auch mögliche Folgen von Stigmatisierung im Spann­ungsfeld der Coronaepidemie. So habe sich ein Mann in Indien das Leben genommen, weil er glaubte, mit Corona infiziert zu sein. Seine Familie sagte demnach, er habe Schuld­gefühle gehabt, die mögliche Erkrankung als Schande empfunden und Angst vor der Reaktion seiner Mitmenschen gehabt.

Auch sei es seit Beginn der Pandemie vielerorts zu verbaler und physischer Gewalt ge­genüber Menschen asiatischer Herkunft und Mitarbeitern des Gesundheitssystems ge­kommen, weil beide Gruppen für die Ausbreitung des Virus verantwortlich gemacht wor­den seien.

Regierungen sollen Fehlinformationen besser überwachen

Die Wissenschaftler forderten Regierungen und internationale Organisationen auf, Coro­nafehlinformationen im Internet besser zu überwachen, diese als falsch zu entlarven und „mit Social-Media-Unternehmen zusammenzuarbeiten, um korrekte Informationen zu verbreiten.“

Es ist nicht das erste Mal, dass bei Epidemien und Gesundheitskrisen Fehlinformationen um sich greifen. Das sei bereits beim Ebola-Ausbruch 2019 im Kongo so gewesen, „ver­bunden mit Gewalt, Misstrauen, sozialen Unruhen und gezielten Angriffen auf Gesund­heitsmitarbeiter“. Auch während des Sars-Ausbruchs in China in den Jahren 2002 bis 2003 seien Menschen asiatischen Ursprungs stigmatisiert worden.

alir/dpa

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