COVID-19-Pandemie: Schnelle Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen möglich

Berlin – Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass eine rasche Entwicklung beziehungsweise ein schneller Einsatz von Medikamenten und Impfungen möglich sind. Voraussetzung hierfür war unter anderem die schnelle Entschlüsselung des SARS-CoV-2-Genoms. Aber es traten auch negative Aspekte zutage, etwa die nicht gerechte Verteilung von Impfstoffen.
„Ich glaube, dass ist eine meiner wichtigsten Erkenntnisse der Pandemie – einfach mal machen und ein bisschen pragmatisch sein“, sagte Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, im Rahmen eines Symposiums der Paul-Martini-Stiftung. Sie sprach zu ihren persönlichen Erfahrungen während und den Lehren für die klinische Virologie aus der COVID-19-Pandemie.
Die Virologin bezog sich hier auf die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main bei der Durchführung von Polymerasekettenreaktion(PCR)-Tests zum Nachweis von SARS-CoV-2 bei Rückkehrern aus Wuhan in China im Februar 2020 auf dem Flughafen Frankfurt.
Vieles war gut, aber es geht noch besser
Als positive Lehren aus der Pandemie hob Ciesek die schnelle Entschlüsselung des SARS-CoV-2-Genoms sowie die rasche Etablierung von Tests hervor, ebenso die schnelle Impfstoffentwicklung. Insgesamt habe sich die Forschung, der Wissenszuwachs und -austausch enorm entwickelt.
Negative Punkte waren aus Sicht der Virologin die nicht gerechte Verteilung der Impfstoffe sowie der Schutzmaterialien weltweit, „und auch in Deutschland haben wir Abhängigkeiten gesehen.“
Ebenfalls unzureichend sei die Datenlage in Deutschland gewesen, was auch für die Durchführung klinischer Studien im Rahmen der Pandemie gelte. Zudem habe ihr streckenweise die Kommunikation nicht gefallen, was zu fehlendem Vertrauen geführt hätte.
Insgesamt habe die COVID-19-Pandemie die Bedeutung der Virologie gezeigt, schloss Ciesek. Aufgrund des Klimawandels, des Risikos weiterer Pandemien, neuer Zoonosen sowie der Ausbreitung von Infektionen würde dies auch so bleiben.
Florian Klein, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Köln, betonte ebenfalls die Bedeutung der frühen Sequenzierung des Virusgenoms. So hätte es bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Pandemie nachweislich gut wirksame Therapien gegeben.
Dazu gehörten monoklonale Antikörper, die sowohl für die Prävention als auch für die Therapie von COVID-19 eingesetzt wurden, so Klein weiter. Entscheidend sei der frühe Einsatz dieser Medikamente. Dazu müsse eine entsprechende Infrastruktur vorliegen, inklusive PCR-Tests zum Nachweis von SARS-CoV-2.
Barrieren für den Einsatz von monoklonalen Antikörpern
Wesentliche Hürden für den Einsatz hätten in der Art der Verabreichung und Anwendung gelegen, so war die Gabe der Antikörper zunächst nur intravenös möglich, wie Klein berichtete. Die Infusionen mussten auch in der Apotheke vorbereitet werden und die Überwachung der Betroffen sei über einen längeren Zeitraum notwendig gewesen.
Als größtes Problem hätte sich aber die Entwicklung neuer Varianten von SARS-CoV-2 herausgestellt, so Klein, und das in einem schnellen Tempo. Die meisten Antikörper seien nicht mehr wirksam, aktuell empfehle etwa die Weltgesundheitsorganisation (WHO) keinen Antikörper für die COVID-19-Therapie mehr.
Es sei entscheidend, „dass wir diese Form der Therapie haben und auch weiter entwickeln, weil sie sehr gut funktioniert, sehr gut verträglich ist“, betonte Klein. Antikörper könnten schnell entwickelt werden – eine wichtige Therapieoption im Sinne der „pandemic preparedness“.
Auf den Einsatz antiviraler Mittel während der COVID-19-Pandemie ging Clemens Wendtner, München Klinik Schwabing und Medizinische Klinik und Poliklinik III der Ludwig-Maximilians-Universität München, ein. Zu Beginn der Pandemie hat man noch Hoffnung in Optionen wie Chloroquin oder Hydrochloroquin gesetzt, aber letztlich blieb von den anfänglich verfügbaren Therapien nur das intravenös zu verabreichende Remdesivir übrig.
Zwar habe Remdesivir einen gewissen Effekt, doch sei dieser überschaubar, so Wendtner weiter. Es könne der Krankenhausaufenthalt von Personen mit COVID-19 um median vier Tage verkürzt werden. „Das Prinzip wirkt aber nicht mehr so gut bei Intensivpatienten, sondern eher bei den frühen stationären Fällen.“ Zudem hätte sich kein Vorteil hinsichtlich der Mortalität gezeigt. Bei ambulant Behandelten habe das antivirale Mittel dagegen das Risiko für einen COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalt oder Tod reduzieren können.
Remdesivir sei allerdings nicht die einfachste Substanz, sagte Wendtner. Die Patientinnen und Patienten müssten isoliert und in Schutzräumen behandelt werden. Einfacher in der Handhabung ist die oral verfügbare Kombination aus Nirmatrelvir und Ritonavir – besser bekannt als Paxlovid.
Für Wendtner unverständlich war die Tatsache, dass dieses Medikament relativ selten eingesetzt wurde. Seiner Erfahrung nach konnten durch die Kombination viele Betroffene gerettet werden. Der frühe Einsatz könne zu einer Reduktion des Risikos einer Progression in einen schweren COVID-19-Verlauf führen. Darüber hinaus gäbe es Hinweise darauf, dass die Kombination dazu beitragen könnte, das Risiko für das Auftreten eines Post-COVID-Syndroms zu senken.
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