Medizin

COVID-19: Schwere Erkrankungen hinterlassen häufig Spuren im MRT

  • Dienstag, 26. September 2023
/creativeneko, stock.adobe.com
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Oxford – Patienten, die nach einer schweren Erkrankung an COVID-19 aus dem Krankenhaus entlassen wur­den, hatten in einer prospektiven Kohortenstudie fast dreimal so häufig Veränderungen in der Magnetreso­nanztomografie (MRT) wie eine Vergleichsgruppe gesunder Menschen.

Betroffen waren laut der Publikation in Lancet Respiratory Medicine (2023; DOI; 10.1016/S2213-2600(23)00262-X) neben den Lungen auch das Gehirn und eventuell auch die Nieren, während in Herz und Leber nicht häufiger Veränderungen gefunden wurden.

Die zahlreichen Erkrankungen an Long COVID haben gezeigt, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 dem Körper Schäden zufügen kann, die über das Ende der akuten Erkrankung hinaus andauern. Die MRT bietet Forschern die Möglichkeit, das Ausmaß der Veränderungen zu untersuchen, ohne die Betroffenen durch Röntgenstrahlen zu belasten.

Die britische C-MORE-Studie („Capturing MultiORgan Effects of COVID-19“) hat bei 259 COVID-19-Patienten median fünf Monate nach ihrer Entlassung aus der Klinik eine MRT durchgeführt. Gescannt wurden fünf Or­gane, die am häufigsten bei der Erkrankung geschädigt werden. Zum Vergleich wurden 52 gesunde Personen untersucht, die sich bisher nicht mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Die Patienten waren zwischen dem 1. März 2020 und dem 1. November 2021 erkrankt und damals nicht geimpft.

Wie Betty Raman vom „Oxford Centre for Clinical Magnetic Resonance Research“ und Mitarbeiter berichten, wiesen 157 (61 %) der im Durchschnitt 57 Jahre alten Patienten auch fünf Monate nach der Entlassung noch Veränderungen in wenigstens einem der Organe auf.

In der Kontrollgruppe der mit 49 Jahren deutlich jüngeren gesünderen Menschen, die seltener adipös waren und weniger chronische Erkrankungen hatten (die ja Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von COVID-19 sind) hatten nur 14 Personen (27 %) Auffälligkeiten in der MRT.

Unter Berücksichtigung der Unterschiede ermittelt Raman eine Odds Ratio von 2,9, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,5 bis 5,8 signifikant war. Die COVID-19-Patienten wiesen demnach dreimal häufiger Veränderungen auf, die eine Folge der Infektion mit SARS-CoV-2 sein könnten.

Am häufigsten waren Folgeschäden in den Lungen: Mit 90 Patienten (35 %) hatte etwa ein Drittel Verände­rungen in mindestens 5 % des Parenchyms gegenüber 6 % in der Kontrollgruppe. Raman ermittelt eine Odds Ratio von 13,8 (3,8-108,2).

Von den 90 Patienten hatten 65 (72 %) vor COVID-19 keine Lungenerkrankungen gehabt. SARS-CoV-2 kann demnach auch vormals gesunden Lungen langfristige Schäden zufügen. Ob sich die Patienten später davon noch erholen werden, lässt sich nach fünf Monaten noch nicht absehen. Viele Patienten hatten jedoch in den Lungenfunktionstests Hinweise auf restriktive Störungen, die auf eine mögliche Fibrose hindeuten, die in der Regel irreversibel ist (wenn sie nicht sogar voranschreitet).

Hirnveränderungen entdeckte das Team bei 50 % der Post-COVID-Patienten (von denen nur jeder 20. vorher bereits eine neurologische Erkrankung hatte) gegenüber nur 18 % in der Vergleichsgruppe. Raman ermittelt eine adjustierte Odds Ratio von 3,32 (1,52-8,01). Es wurden vor allem Hyperintensitäten und Hinweise auf eine „small vessel disease“, also eine Erkrankung der kleinen Blutgefäße gefunden.

Diese Veränderungen waren in mehreren Regionen des Gehirns vorhanden, die für Arbeitsgedächtnis, Emo­tionen, die visuell-auditive Verarbeitung und die autonome Nervenfunktion relevant sind. Sie könnten deshalb den „Brain Fog“ erklären, über den viele Menschen im Anschluss an COVID-19 klagen.

Auch Veränderungen in den Nieren waren mit 23 % versus 6 % bei den Post-COVID-Patienten deutlich häufiger. Die medullären T1-Signale waren vermindert und die normale kortikomedulläre Differenzierung häufig aufgehoben. Die adjustierte Odds Ratio von 2,36 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,88 bis 8,03 zwar nicht signifikant, Raman hält eine Schädigung der Nieren jedoch für möglich.

Keine vermehrten Schäden wurden dagegen in der Leber (60 % versus 58 % in der Kontrollgruppe) und im Herzen (21 % versus 24 %) gefunden. Für das Herz ist dies ein überraschender und erfreulicher Befund, da es während der akuten Erkrankungsphase häufiger zu einem Anstieg des Troponins kommt, was eine Schädigung von Herzmuskelzellen anzeigt. Die Patienten scheinen sich jedoch hiervon in der Regel wieder zu erholen.

Die Veränderungen in der MRT wurden häufiger bei Patienten gefunden, bei denen es im Krankenhaus zu Komplikationen gekommen war.

rme

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