Länder bewerten Bemühungen zur Krankenhausreform als „enttäuschend“

Berlin – Die Bundesländer gehen bei der Debatte um die Ausgestaltung der Krankenhausreform wieder auf Konfrontationskurs zum Bundesgesundheitsministerium (BMG). In einem Brief aller 16 Bundesländer an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigen sich die Länder nun enttäuscht von der bisherigen gemeinsamen Arbeit an einem Gesetzestext.
„Die bisherigen Ergebnisse aus der Redaktionsgruppe für die Krankenhausreform wurden dabei von den Ministerinnen und Ministern als sehr enttäuschend beurteilt. Diese entsprechen nicht dem gemeinsam beschlossenen Eckpunktepapier vom 10. Juli 2023“, heißt es in dem Schreiben.
Der Brief, den der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Mane Lucha (Grüne) an Lauterbach im Anschluss an eine Videokonferenz aller Gesundheitsminister vom 6. November gesendet hat, liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Lucha fordert darin, dass es zügig zu Verbesserungen am Gesetzentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) kommen müsse, „da wir im Sinne der Versorgungssicherheit das Reformgesetz so schnell wie möglich auf den Weg bringen müssen“.
Finanzierungssystem unklar
Zu dem Schreiben schickten die Länder auch „sieben Hauptkritikpunkte“ zum aktuellen Arbeitsentwurf des KHVVG. So sei das künftige Finanzierungssystem „weiterhin unklar“ und die Folgen „nicht abschätzbar“. Die bisherigen Vorlagen aus dem BMG zeigten nicht auf, „ob es überhaupt eine finanzielle Verbesserung beziehungsweise eine auskömmliche Finanzierung“ geben könne. Dies müsse in einer „modellhaften Auswirkungsanalyse“ den Ländern „schnellstmöglichst“ vorgelegt werden.
Auch wollen die Länder nicht, dass die Möglichkeiten und Zulässigkeiten von Kooperationen und Ausnahmen in einer dem Gesetz nachgelagerten Rechtsverordnung bestimmt werden. „Gerade dies muss jedoch frühzeitig bekannt sein, um zum einen die Auswirkungen der Reform einschätzen zu können“, heißt es in den Kritikpunkten.
Bei diesem Thema sehen die Länder ansonsten ihre Handlungskompetenzen als Planungsbehörde von Krankenhäusern eingeschränkt. „Es handelt sich um wesentliche Entscheidungen, die im Reformgesetz unmittelbar getroffen werden müssen.“
Planungshoheit massiv eingeschränkt
Auch bei Ausnahmen zur Zuweisung der Leistungsgruppen sehen sich die Länder zu sehr eingeschränkt. So seien die Voraussetzungen zu streng, wenn eine Leistungsgruppe aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung erteilt werden solle, aber die eine Klinik dies nicht komplett erfüllen könne. Damit würde „die Planungshoheit massiv eingeschränkt.“
Die bisherigen Überlegungen, Ausnahmen für zwei Jahre zuzulassen oder dies im Einvernehmen mit den Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zu erarbeiten, „sind weder akzeptabel und widersprechen zudem dem Eckpunktepapier“.
Die Länder sorgen sich um ihre Hoheit bei der Verteilung von Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben, wenn die Krankenkassen und die DKG dem zustimmen müssen. Dies müsse „in der alleinigen Entscheidungsmacht der Krankenhausplanungsbehörden liegen.“ Die Länder befürchten, sonst von den Selbstverwaltungspartnern überstimmt zu werden, wenn sie keine Mitentscheidungsrechte bekommen.
Ähnliche Kritik gibt es auch bei den Plänen für den Medizinischen Dienst (MD), der die Prüfung der Leistungsgruppen nicht den Krankenhäusern selbst übersenden soll, sondern „zunächst nur an die Krankenhausplanungsbehörden.“ Auch hier fürchten die Länder, dass „falsche Erwartungen“ bei den Kliniken geweckt werden, da die Planungsbehörden sich rechtlich nicht an die MD-Gutachten gebunden fühlten.
In einem weiteren Punkt sehen die Länder die Ambitionen, mit dem Gesetz die sektorenübergreifende Versorgung zu stärken, als noch nicht ausgeschöpft an. Die aufgezeichneten Möglichkeiten „gehen kaum über das hinaus, was bereits jetzt schon möglich ist“, heißt es.
Es fehle der vom BMG versprochene „umfassende Instrumentenkasten“, der den Ländern „größtmögliche Handlungsspielräume“ ermögliche. Auch sei „bislang nicht ersichtlich", wie mit der geplanten Reform die Krankenhäuser von Bürokratie entlastet werden sollen.
Auch solle das nächste Treffen von Bund, Ländern und Bundestagsfraktionen am 23. November „zeit- und ergebnisoffen“ sein und es solle sich keine Pressekonferenz anschließen, schreibt Lucha im Namen der anderen Ministerinnen und Ministern. Das Wort „keine“ ist in dem Schreiben fett und unterstrichen. Eine neue Version des KHVVG wird in dieser Woche erwartet.
Die Diskussion um die Krankenhausreform ist nach dem Sommer mit vielen positiven Zeichen der Zusammenarbeit und der Einigung auf ein Eckpunktepapier am 10. Juli inzwischen offenbar wieder deutlich konfliktreicher.
Die Bundesländer hatten anlässlich der Ministerpräsidentenkonferenz mit den Bundeskanzler am 6. November gefordert, dass der Bund fünf Milliarden Euro mehr für das kommende Jahr zahlen müsse. Auf der Konferenz wurde das Thema zwar erörtert, aber keine Beschlüsse gefasst. Zeitgleich am 6. November schalten sich offenbar die Gesundheitsminister zusammen und verfassten den nun vorliegenden Brief.
Außerdem wurde am 8. November im Gesundheitsausschuss des Bundesrates beschlossen, für das Transparenzgesetz – das von Minister Lauterbach als die erste Säule der Krankenhausreform bezeichnet wird – nun den Vermittlungsausschuss anzurufen. Darüber wollen die Länder im Plenum des Bundesrates am 24. November abstimmen.
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