Deutsche Krankenhäuser versorgen krebskranke Kinder aus der Ukraine

Essen – Zahlreiche deutsche Krankenhäuser haben seit dem Beginn des Krieges krebskranke Kinder aus der Ukraine aufgenommen. Im Universitätsklinikum Essen beispielsweise sind am vergangenen Sonntag 21 Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 17 Jahren zusammen mit ihren Familien angekommen, wie der Direktor der Kinderklinik III der Universitätsmedizin Essen, Dirk Reinhardt, dem Deutschen Ärzteblatt berichtet.
Die meisten dieser Kinder seien mit Konvois aus verschiedenen Städten der Ukraine nach Polen geflohen, so Reinhardt. Die dortigen Kinderonkologen hätten in Kooperation mit dem St. Jude Hospital Memphis eine Aufnahmeinstitution in der Nähe von Krakau eingerichtet, in der eine erste Sichtung der Patienten erfolgt sei.
„Nachdem die Kapazitäten in Polen weitgehend ausgeschöpft waren, wurden wir über persönliche Kontakte angefragt, zu helfen“, sagt Reinhardt. „Mithilfe von Stiftungen wurden Busse organisiert, die seit letztem Samstag die Kinder und ihre Familien nach Deutschland bringen.“
Die Koordination in Deutschland sei über die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie erfolgt (GPOH). „Alle kinderonkologischen Kliniken haben ihre Bereitschaft erklärt, Familien aufzunehmen, sodass der erste große Bus mit 21 Kindern und ihren Familien – insgesamt knapp 60 Personen – am vergangenen Sonntagmorgen in Essen angekommen ist.“
Verunsicherung und Zuversicht
Sieben dieser Kinder sind in Essen geblieben. „Zwei von ihnen mussten wir akut aufnehmen“, sagte Reinhardt. „Alle anderen konnten in Apartments der Essener Elterninitiative für krebskranke Kinder untergebracht werden.“
Zum Teil seien die Kinder und ihre Familie fünf Tage unterwegs gewesen. „Sie waren alle sehr erschöpft“, so Reinhardt. „Einerseits war ihnen die Verunsicherung und die Angst anzumerken – auch Angst um die Angehörigen, die sie zurücklassen mussten –, andererseits aber auch die Zuversicht, dass die Therapie der Krebserkrankung nun weitergeht.“
Die anderen Kinder wurden zusammen mit ihren Familien mithilfe der Johanniter in weitere Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen gebracht, wo sie jetzt behandelt werden. Inzwischen seien mehr als 100 krebskranke Kinder inklusive ihrer Familien in Deutschland aufgenommen worden, so Reinhardt.
Ins Universitätsklinikum Essen sind seither noch sieben weitere Kinder gekommen. Da Essen auf Retinoblastome, akute Leukämien und Ewing-Sarkome spezialisiert ist, sind es Kinder mit diesen Diagnosen. Mittlerweile werden in der Essener Kinderonkologie also 14 Kinder mit Krebserkrankungen ambulant oder stationär behandelt.
„Alle Kinder wurden untersucht und die notwendige Therapie geplant beziehungsweise eingeleitet“, erklärt Reinhardt. „Insgesamt müssen vermutlich sechs Kinder stammzelltransplantiert werden. Hier wurde die Spendersuche initiiert. Drei Kinder benötigen eine Strahlentherapie, die in Kooperation mit dem Westdeutsches Protonentherapiezentrum Essen umgesetzt wird.“
Reinhardt betont, dass die Elterninitiative und der psychosoziale Dienst der Kinderklinik umfassende zusätzliche Aufgaben in der Betreuung der teilweise traumatisierten Patienten, Mütter und Geschwisterkinder erfüllten. Viele ukrainischstämmige Mitarbeiter am Klinikum hälfen beim Dolmetschen oder der Übersetzung der Unterlagen. Auch die jüdische Gemeinde stelle ehrenamtliche Dolmetscher.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: