Ein-Personen-Unternehmen hebt Sozialversicherungspflicht nicht auf

Kassel – Die Sozialversicherungspflicht von Pflegekräften im Krankenhaus lässt sich nicht durch die rechtliche Zwischenschaltung eines Ein-Personen-Unternehmens umgehen. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) gestern in Kassel.
Maßgeblich sind danach auch dann die vertraglichen Vereinbarungen und deren konkrete Umsetzung. Der Begründung nach ist dies auch auf andere Bereiche übertragbar – etwa Paketfahrer oder Reinigungskräfte. (Az.: B 12 BA 1/23 R und B 12 R 15/21 R)
Der Kläger ist ausgebildeter Krankenpfleger und gründete eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG). Das Mindestkapital beträgt hier nur einen Euro. Er war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer dieser UG und hatte keine weiteren Mitarbeiter. Unternehmensgegenstand war „die selbstständige Erbringung von Pflegedienstleistungen“.
2017 schloss die UG „Dienstleistungsverträge“ über verschiedene Pflegetätigkeiten mit einem Krankenhaus in Sachsen ab. Die Rentenversicherung stellte die Versicherungspflicht des Krankenpflegers in allen Bereichen der gesetzlichen Sozialversicherung fest. Dies bestätigte das BSG nun. Der Krankenpfleger stehe in einem sozialrechtlichen „Beschäftigungsverhältnis“ zu dem Krankenhaus.
2019 hatte das BSG bereits entsprechend für vermeintlich selbstständige Pflegekräfte entschieden. Das „Dreiecksverhältnis“ mit der zwischengeschalteten UG ändere daran nichts, betonten die Kasseler Richter nun in ihrem neuen Urteil. Auch dann komme es weder auf die Bezeichnung der Tätigkeit in den Verträgen noch auf „gewünschte Rechtsfolgen“ an.
Maßgeblich sei dann, was Krankenhaus und UG vereinbart hätten und wie dies tatsächlich gelebt werde. Hier sei der Krankenpfleger in die Krankenhausabläufe eingegliedert gewesen. Seine Tätigkeit habe sich letztlich „nicht von einer angestellten Pflegekraft unterschieden“.
Auch verfassungsrechtlich sei die Sozialversicherungspflicht „unbedenklich“. Das Landessozialgericht im sächsischen Chemnitz soll hier lediglich noch prüfen, ob der Krankenpfleger wegen der Höhe seines Einkommens von der Krankenversicherungspflicht befreit ist.
In einem weiteren Fall aus Südhessen lag der Sachverhalt ähnlich. Das Ein-Mann-Unternehmen war hier eine GmbH, für die ein Mindestkapital von 25.000 Euro erforderlich ist. Das BSG betonte, dass auch bei einer GmbH das Dreiecksverhältnis die Sozialversicherungspflicht nicht in Frage stellen kann. Allerdings fehlten den Kasseler Richtern ausreichende Feststellungen, wie die Arbeit des Krankenpflegers aussah. Dies soll nun das Landessozialgericht in Darmstadt nachholen.
Der Vertreter der Rentenversicherung betonte am Rande der Verhandlung, andere Entscheidungen wären ein Freibrief für die Umgehung der Sozialversicherungspflicht gewesen. Dies hätte „die Grundfesten der gesetzlichen Sozialversicherung“ infrage gestellt. Zudem verwies er auf die Möglichkeit, schon vor dem Start solcher Unternehmen die Sozialversicherungspflicht in einem sogenannten Statusfeststellungsverfahren kostenlos prüfen zu lassen.
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