Erneut Streit um Krankenhauskapazitäten

Berlin – Mit einem Interview zum Abbau von Krankenhauskapazitäten hat der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, erneute eine Debatte angestoßen. Litsch hatte der Bild gesagt, es gebe in Deutschland „zu viele Krankenhäuser, zu viele Betten, zu wenig Spezialisierung“. Und es fehle an Durchsetzungskraft der Politik, das zu ändern.
Dem Chef des AOK-Bundesverbands zufolge ist jedes vierte der 2.000 Krankenhäuser nicht notwendig. Auch bei Schließungen einzelner Häuser erwarte er keine schlechtere Gesundheitsversorgung. „Wenn jemand eine schwere Krankheit hat, dann fährt er auch gerne etwas weiter, um zu einem Spezialisten zu kommen“, sagte er.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wies das Anliegen energisch zurück. „Die Krankenkassen sollten sich vorrangig um ihre eigentliche gesetzliche Aufgabe kümmern, die Versorgung ihrer Versicherten ausreichend zu gestalten, dazu gehört insbesondere der jederzeitige Zugang zur medizinischen Versorgung“, sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Alleine die ambulante Notfallversorgung, die Situation der Geburtshilfe und die Überlastungen in den Hauptzeiten der Grippewelle zeigten doch sehr deutlich, dass flächendeckend Krankenhäuser dringend gebraucht werden, um die Daseinsvorsorge sicherzustellen.
Baum betonte, Krankenhausplanung sei „glücklicherweise Aufgabe der Länder und nicht der Kostenträger“. Wenn Kostenträger einerseits für Versorgungsmöglichkeiten eine 30-minütige Erreichbarkeit forderten, anderseits aber Zentralisierung um jeden Preis propagierten, widerspreche sich dies. „Zudem sollten die Ortskrankenkassen auch sagen, dass eine Zentralisierung durch Schließung von 500 Krankenhäusern und der Wiederaufbau deren Kapazitäten Hunderte Milliarden an Investitionskosten verursachen und als Ergebnis den Patienten eine familien- und wohnortnahe Versorgungssicherheit nehmen würde“, so Baum.
Ablehnend äußerte sich Litsch in dem Bild-Interview über die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Bezüge von Spitzenfunktionären im Gesundheitssystem zu begrenzen. „Da soll sich die Politik raushalten und das der Selbstverwaltung überlassen“, sagte er. „Und wenn der Minister das Gefühl haben sollte, dass in Krankenkassen nur Schnarchnasen sitzen, dann kann er hier gerne mal hospitieren.“
Zur Verbesserung medizinischer Versorgung auf dem Land schlägt Litsch mehr Telemedizin vor. „Videosprechstunden müssten künftig Alltag sein. Dafür sollten wir die rechtlichen Grundlagen schaffen.“ Zwar müssten sich Arzt und Patient persönlich kennen. „Aber sie müssen sich doch nicht für jedes Gespräch persönlich sehen.“
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