„Es ist erstmals zu erkennen, dass die Politik Stärken und Schwächen der PVS-Industrie wahrnimmt“
Berlin – Leistungsfähige, unkomplizierte und anwendungsfreundliche Praxisverwaltungssysteme (PVS) sind der Wunsch einer jeden Arztpraxis. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat nun die Möglichkeit, Rahmenvereinbarung mit PVS-Anbietern zu schließen. Kommen Praxen dem Wunsch näher? Das Deutsche Ärzteblatt sprach darüber mit KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner.

5 Fragen an Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
Was erhofft sich die KBV von einer PVS-Rahmenvereinbarung?
Praxen sind in ihrer täglichen Arbeit auf die Unterstützung eines leistungsfähigen Praxisverwaltungssystems angewiesen. Die Anforderungen an die IT-Systeme steigen ständig. Ein Teil der PVS ist ein echter Partner der Praxen, ein anderer Teil sorgt aber für große Unzufriedenheit, sei es bei der Benutzerfreundlichkeit, sei es beim Service oder auch bei der Preistransparenz.
Nun hat uns der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Rahmenvereinbarung mit PVS-Anbietern gegeben. Dahinter steckt im Grunde ein Anforderungskatalog an ein leistungsfähiges PVS, den wir gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) im Sinne der Praxen definiert haben. Erfüllt ein PVS diese Anforderungen, ist davon auszugehen, dass dieses System eine echte Unterstützung für Praxen ist. Mit der Rahmenvereinbarung können wir das dann auch transparent darstellen.
Welche Kriterien decken die Anforderungen beispielsweise ab?
Viele Anforderungen sollten eigentlich für jedes PVS selbstverständlich sein. Dazu gehört, dass Softwareupdates einfach online bereitgestellt werden, oder dass es erreichbare Ansprechpartner für die Praxen gibt oder dass klar erkennbar ist, welche Leistung welchen Preis für die Praxis hat. Wir gehen im Übrigen davon aus, dass einige PVS den Großteil der Anforderungen bereits erfüllen. Andere können so erkennen, was Praxen eigentlich erwarten und was sie dafür noch tun müssen.
Wie werden die Praxen PVS-Hersteller erkennen, die die Rahmenvereinbarung erfüllen?
PVS-Anbieter, die die Anforderungen der KBV erfüllen und die Rahmenvereinbarung unterschreiben, listen wir als KBV auf unserer Webseite als „PVS mit KBV-Vertrag“. Es gibt dafür ein eigenes Logo, auf das Praxen achten können. Mit dem Logo darf der PVS-Anbieter sein Produkt in der Außendarstellung kennzeichnen. So weiß jeder auf einen Blick, dieses System erfüllt die Anforderungen, die KV-System und Praxen an sinnvolle digitale Unterstützung stellen. Darauf kann sich die Praxis dann verlassen.
Sind Sie zuversichtlich, was das Interesse der PVS-Firmen angeht?
Ich bin da optimistisch. Wir haben mit PVS-Anbietern gesprochen, sie in einer öffentlichen Kommentierung der Entwurfsfassung der Rahmenvereinbarung eingebunden und sind auch jetzt im Austausch. Es gibt eine Vielzahl an Systemen und Anbietern auf dem Markt. Einige PVS erfüllen, wie gesagt, schon eine ganze Reihe unserer Anforderungen. Mit der Rahmenvereinbarung können sie das klar kommunizieren und sich so von anderen abheben. Warum sollten die Anbieter daran kein Interesse haben?
Müsste die Politik zusätzlich noch weitere Rahmenbedingungen für die PVS-Hersteller einziehen?
Mit der Möglichkeit, diese Rahmenvereinbarung mit Herstellern abzuschließen, hat die Politik eine wichtige Weichenstelllung vorgenommen. Bislang wurde der Vertragsarzt verpflichtet, Anwendungen in der Praxis zu einem bestimmten Termin zu beschaffen, egal ob und in welcher Qualität der PVS-Anbieter geliefert hat. Nun ist hier erstmals zu erkennen, dass die Politik Stärken und Schwächen der PVS-Industrie wahrnimmt.
Wir wollen die Probleme gern im Miteinander mit den Herstellern angehen. Dafür ist diese freiwillige Möglichkeit, eine Rahmenvereinbarung mit uns abzuschließen, sicherlich eine gute erste Maßnahme. Allerdings fordern wir insgesamt und vor allem mit Blick auf die Einführung der ePA für alle schon eine höhere Verbindlichkeit in Richtung der PVS-Anbieter im Hinblick auf Nutzerfreundlichkeit, Funktionalität und Performanz.
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