Ethikrat warnt vor staatlicher Hilfe beim Suizid
Berlin – Der Staat sollte nach Auffassung des Deutschen Ethikrats nicht verpflichtet werden, Menschen beim Suizid zu helfen. Mit seiner heute in Berlin veröffentlichten Stellungnahme widersprach die Mehrheit der Mitglieder des Ethikrats dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März.
Die Leipziger Richter hatten entschieden, dass der Staat einem schwer leidenden Patienten im extremen Einzelfall den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren darf, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht (Az.: BVerwG 3 C 19.15). Vor staatlicher Suizidhilfe hatten zuvor auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), die Bundesärztekammer und die Kirchen gewarnt.
Ethikrat traf keine einstimmige Entscheidung
Die Mehrheit des Ethikrats erklärte dazu, durch das Urteil würden ethische Grundwertungen unterlaufen. Es zwinge das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu, Suizidwünsche anhand bestimmter materieller Kriterien zu überprüfen und gegebenenfalls zu unterstützen.
„Auf diese Weise wird eine staatliche Instanz zum Verpflichtungsadressaten der Selbsttötungsassistenz und diese von einer staatlichen Bewertung und Erlaubnis abhängig gemacht“, heißt es. Das widerspreche der grundlegenden ethischen Leitidee der staatlichen Neutralität gegenüber Lebenswertvorstellungen und stelle zugleich die höchstpersönliche Natur von Suizidwünschen infrage.
Eine Minderheit des Ethikrats hält das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dagegen für ethisch wohl erwogen. In existenziellen Grenzfällen dürfe ein generell begründbares Verbot nicht zum Gebot der Unmenschlichkeit werden. Nach Auffassung der Minderheit sollte dies im Sinne einer klarstellenden und präzisierenden Regelung in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen werden.
Einig war sich der Ethikrat in seiner Forderung, die Suizidvorbeugung ebenso wie die Hospiz- und Palliativversorgung zu stärken. Menschen in ihrer letzten Lebensphase müssten besser versorgt werden.
Appell an Bundesregierung und Bundestag
Unterdessen appellierte die Deutsche Stiftung Patientenschutz an Bundesregierung und Bundestag, gesetzliche Klarheit zu schaffen. Der Staat müsse den freien Suizidwunsch eines Einzelnen zwar respektieren, dürfe die Selbsttötung aber nicht fördern, sagte Vorstand Eugen Brysch. Bundesgesundheitsminister Gröhe müsse verhindern, dass das Bundesinstitut tödliche Medikamente ausgebe. Notfalls müsse der Bundestag staatlicher Suizidbeihilfe einen Riegel vorschieben.
Bundesgesundheitsministerium und BfArM hatten auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes zuletzt erklärt, die Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts prüfen zu wollen. Danach wolle man sich mit den Antragstellern in Verbindung setzen.
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