Ausland

Frauen in Ungarn müssen vor Schwangerschafts­abbruch Embyo-Herztöne anhören

  • Mittwoch, 14. September 2022
/Alexander Raths, stock.adobe.com
/Alexander Raths, stock.adobe.com

Budapest – Ungarn hat auf Drängen der rechtsextremen Oppositionspartei Mi Hazank seine Abtreibungsregeln verschärft. Das von Innenminister Sandor Pinter unterzeichnete und vorgestern ins ungarische Amtsblatt auf­genommene Dekret sieht vor, dass Frauen sich künftig vor einem geplanten Schwangerschaftsabbruch die Herztöne des Embryos anhören und sich dies von Ärzten bescheinigen lassen müssen.

Demnach müssen Frauen in ihrem Antrag auf Abbrüche vorweisen, Faktoren zur Kenntnis genommen zu haben, „die auf das Funktionieren der Lebensfunktionen des Embryos auf eindeutige Weise hinweisen“.

Nach geltendem Recht haben Frauen in Ungarn bis zur zwölften Schwangerschaftswoche Zeit, um eine uner­wünschte Schwangerschaft zu beenden, müssen sich jedoch vorab von Familien­dienstmitarbeitern beraten lassen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Abtreibungsfrist von 24 Wochen vorgesehen.

Die Mi-Hazank-Abgeordnete Dora Duro begrüßte die Neuregelung, die ab morgen in Kraft tritt. „Eine Chance fürs Leben: Ab sofort hören Mütter auf den Herzschlag des Fötus“, schrieb sie im Online-Dienst Facebook. Die Regierung habe damit „einen Schritt in die Richtung unternommen, alle Embryos wirklich zu schützen“, schrieb sie.

Der Sprecher von Amnesty International Ungarn, Aron Demeter, wertete die Regelung hingegen als „besorg­nis­erregenden Rückschritt“ und „schlechtes Zeichen“. Sie würde den Zugang zu legaler und sicheren Abbrüchen erschweren, sagte er. Diese Neuregelung werde Frauen „weiter traumatisieren und zusätzlichen Druck auf Frauen ausüben, die sich bereits in einer schwierigen Lage“ befänden.

Schwangerschaftsabbrüche sind in Ungarn seit 1953 erlaubt. 1992 verabschiedete die Regierung ein Gesetz zum Schutz von Embryos. In der zunehmend christlich-konservativ geprägten Regierungszeit der Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban hat sich die Anti-Abtreibungs-Rhetorik zuletzt verschärft.

Seit einer 2012 in Kraft getretenen Verfassungsänderung verteidigt Ungarn zudem das „Leben des Fötus ab dem Moment der Zeugung“. Vor wenigen Monaten hatte die ungarische Regierung mit EU-Geld eine Anti-Abtreibungskampagne finanziert – wogegen die EU-Kommission lautstark protestiert hatte.

afp

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung