G-BA berät weiter über Pflegepersonalanforderungen in Perinatalzentren

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Beratungen um Pflegepersonalanforderungen in Perinatalzentren um einen Monat vertagt. Der unparteiische Vorsitzende, Josef Hecken, betonte aber, dass die bislang geltende Übergangsregelung zunächst erhalten bleibt. „Es werden bereits verschiedene Szenarien beraten, um dem Personalmangel Rechnung zu tragen, ohne die ja aus gutem Grund bestehenden hohen Qualitätsanforderungen an Perinatalzentren auszuhöhlen“, sagte Hecken gestern im Anschluss an das G-BA-Plenum.
Den Mitgliedern lag dort ein Antrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vor, die einen kurzfristigen Anpassung der Personalanforderungen der Richtlinie zur Versorgung von Früh- und Reifegeborenen vorsah. Den Antrag der DKG bezeichnete den Hecken als „nicht plenumsreif“, da unzählige Punkte zwischen den Vertretern von Krankenhäusern und Krankenkassen strittig seien.
Daher forderte er zu Beginn der Debatte zu dem Tagesordnungspunkt, dass die Unterlagen noch einmal an den Unterausschuss zu neuen Beratungen verwiesen werden sollen. „Ich erwarte in der Juli-Sitzung dann ein finalisiertes Papier. Dissente Punkten sind in Ordnung, aber nicht so viele“, sagte Hecken.
DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum war es in der Debatte wichtig, dass es ein „Signal“ vom G-BA an die Kliniken und Perinatalzentren geben müsse. „Wir müssen zeigen, dass wir hier Handlungsbedarf sehen“, erklärte Baum im Plenum. In einer Pressemitteilung formulierte es die DKG im Anschluss dann so: „Die drohende Einschränkung von verfügbaren Kinderintensivplätzen aufgrund zu rigider Personalvorgaben kann damit für 2020 abgewendet werden.“
DKG weist Vorwürfe zurück
Er wies aber die Einschätzung von Hecken zurück, dass der Antrag der DKG „nicht qualifiziert für das Plenum sei.“ Vielmehr habe man „ausführlich dargelegt, aus welchen objektiven Gründen es der überwiegenden Zahl der Perinatalzentren nicht möglich ist, die hohen Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen und konkrete Vorschläge dazu gemacht“, hieß es wiederum in der Mitteilung nach der Sitzung.
Die Richtlinie des G-BA legt unter anderem fest, welche Anforderungen eine Station an die pflegerische Versorgung von Frühgeborenen unter 1.500 Gramm erfüllen muss. Derzeit müssen die neonatologische Intensivstation eines Perinatalzentrums mindestens eine Fachkraft für Kinderkrankenpflege je intensivpflichtigem Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm verfügbar haben. Bei intensivüberwachungspflichtigen Frühgeborenen gilt ein Schlüssel von eins zu zwei.
Als Nachweis für die Erfüllung des vorgegebenen Personalschlüssels gilt die Dokumentation von mindestens 95 Prozent aller Schichten des vergangenen Kalenderjahres. Erreicht ein Zentrum die seit dem 1. Januar 2017 gelten Regeln nicht, müssen konkrete Gründe dem G-BA mitgeteilt werden. In den darauf folgenden „klärender Dialog“ sowie eine künftige Zielvereinbarung werden die Bundesländer aber auch der G-BA mit einbezogen.
Da der Fachkräftepersonalmangel in Krankenhäusern weiter steigt, hatte der G-BA bereits im April 2019 bei der Richtlinie zur Kinderherzchirurgie in Ausnahmefällen die Zahl der Fachkräfte der Kinderpflege verändert. Dort können nun in Ausnahmefällen auch Pflegekräfte anderer Stationen eingesetzt werden. Dieser Weg könnte nun auch bei den Fachpflegekräften der Perinatalzentren ein Weg sein. Am 19. Juli will der G-BA neu darüber beraten.
Gutachter sehen schwierige Situation
Die schwierige Situation bei der Versorgung von Früh- und Neugeborenen zeigt nach Angaben der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft auch eine von ihnen in Auftrag gegebenen Studie: So kommt das RWI – Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung zu dem Schluss, dass kaum eines der 19 Zentren für Früh- und Neugeborenen in Niedersachsen die Personalanforderungen erfüllen kann.
Alle vier Jahre würden die Perinatalzentren die Personalvorgaben verletzen und die Versorgung aussetzen müssen. „Sollte die Richtlinie nicht durch den G-BA geändert werden, dann dürfen viele dieser Zentren ab dem 1. Januar 2020 keine Frühgeborenen mehr versorgen“, sagte Helge Engelke von der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft.
Besonders in der Kritik steht dabei die Mindestanforderung von einer Eins-zu-Eins-Betreuung sowie der Eins-zu-Zwei-Betreuung von Frühchen durch Fachpflegekräfte. Dass nur maximal in zwei Schichten davon abgewichen werden dürfe, „sei eine viel zu enge Vorgabe“, so die Landeskrankenhausgesellschaft. Bewegten sich die Krankenkassen im G-BA dazu nicht, müssen Frühchen „möglicherweise unter lebensbedrohlichen Risiken in andere Krankenhäuser verlegt werden“, heißt es.
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