Große Mehrheit der Ärzteschaft sieht Digitalisierung als Chance

Berlin – Mehr als drei Viertel der Ärzte in Deutschland (76 Prozent) sehen die Digitalisierung grundsätzlich als Chance für die Medizin – 2020 waren es noch 67 Prozent. Das sind die Ergebnisse einer Umfrage, die der Digitalverband Bitkom gemeinsam mit dem Hartmannbund durchgeführt hat. Demnach sind 64 Prozent der Befragten der Ansicht, digitale Technologien könnten die medizinische Versorgung grundsätzlich verbessern.
„Die positive Botschaft ist, dass über die Sektorengrenzen hinweg die überwiegende Zahl der Kolleginnen und Kollegen die Digitalisierung als Chance zur Verbesserung der Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten begreifen. Die Akzeptanz ist in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen“, kommentierte Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbundes, die Ergebnisse der Umfrage.
Bezüglich des von 78 Prozent der Befragten beklagten Rückstands bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems verwies Reinhardt auf eine „übermäßige Regulierung und Fragmentierung“ in Deutschland. Dies stehe dem weiteren digitalen Ausbau im Weg.
So bräuchten Anwendungen entweder zu lange bis zur Marktreife oder würden zu früh eingeführt, zudem würden zu strenge Datenschutzvorgaben die Weiterentwicklung erschweren. „Leider fehlt es hier an Zielgenauigkeit – digitale Angebote müssen zudem konsequenter am Nutzen beziehungsweise an den Interessen von Patienten und Ärzten ausgerichtet sein. Das sollte die oberste Priorität sein“, betonte der Hartmannbund-Vorsitzende.
Die Art der ärztlichen Tätigkeit präge die Einschätzung von Digitalisierung, hier zeigten sich Unterschiede. Die Nutzung digitaler Angebote in der Niederlassung sei derzeit noch zurückhaltender. „Von einer Spaltung der Ärzteschaft zu sprechen, wäre falsch. In Praxen und Kliniken haben die Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen“, so Reinhardt.
Die Mediziner in den Krankenhäusern müssten sich nicht mit der Bereitstellung und Instandhaltung der IT auseinandersetzen. Probleme fokussierten sich in der mangelhaften Kompatibilität der Anwendungen oder der Notwendigkeit von Doppeldokumentationen.
Praxisinhaber müssten hingegen die technischen Voraussetzungen selbst schaffen und auf neuestem Stand halten, hinzu kämen nicht abgedeckte Beratungsleistungen – etwa im Zusammenhang mit elektronischen Patientenakten (ePA).
„Die Ärztinnen und Ärzten betrachten die Digitalisierung als großen Mehrwert in der Versorgung. Allerdings müssen die medizinischen, administrativen und wirtschaftlichen Voraussetzungen stimmen. Die Grundlagen dafür können nur von Politik, Ärzteschaft und der Industrie gemeinsam gelegt werden. Hier muss deutlich nachjustiert werden“, sagte Reinhardt.
Der im Vergleich mit anderen Ländern zu verzeichnende Rückstand bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen liegt nach Ansicht von 91 Prozent der befragten Ärzte an der Komplexität des Gesundheitssystems.
Eine mangelnde Marktreife der digitalen Anwendungen beklagten 80 Prozent. Weitere Hürden werden in zu strenger Auslegung des Datenschutzes (69 Prozent) sowie des hohen Aufwands für IT-Sicherheit (75 Prozent) gesehen – 66 Prozent verwiesen zudem auf die hohen finanziellen Kosten.
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