Politik

Härtere Strafen für Angriffe auf Rettungskräfte

  • Donnerstag, 9. Februar 2017
Uploaded: 09.11.2016 18:29:12 by maybaum
/dpa

Berlin – Angriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei sollen künftig mit härteren Strafen geahndet werden. Das Bundeskabinett beschloss gestern in Berlin einen ent­sprechenden Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Demnach wird ein tätlicher Angriff künftig schon bei einfachen „Dienst­handlungen“ wie Streifenfahrten und Unfallaufnahmen mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Mona­ten und bis zu fünf Jahren bestraft. Bisher droht Angreifern dies nur bei „Vollstreckungs­hand­lungen“ wie Festnahmen. Rettungskräfte und Feuerwehrleute werden analog wie Polizisten behandelt.

Auch wenn der Begriff nicht explizit im Gesetzentwurf zu finden ist, die härteren Strafen gelten auch bei Angriffen auf Notärzte. Sanitäter und Notärzte privater und öffentlicher Rettungsdienste seien unter dem Begriff Rettungskräfte zusammengefasst, sagte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes mit Verweis auf Gesetzeskommentierungen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte zuletzt auf dem Neujahrsem­pfang der deut­schen Ärzteschaft in Berlin „Null Toleranz“ für Übergriffe auf Rettungs­kräf­te, Ärzte und Helfer gefordert. Der Minister hatte sich empört gezeigt, dass Gewalt gegen hel­fen­de Hände zunimmt. Gröhe ver­wies auf einen Vorfall in Nordrhein-Westfalen, bei dem ein Sanitäter im Rettungswagen tätlich angegriffen worden war. „Wir sehen in den letzten Jahren eine steigende Tendenz solcher Gewalttaten“, sagte er. Die Täter hätten „nicht nur die ganze Härte des Rechtsstaates, sondern auch eine klare, gesellschaftliche Ächtung verdient“.

Der Beschluss des Bundeskabinetts ist vielfach auf Zustimmung gestoßen. Es habe sich gezeigt, dass die Zahl an Übergriffen in Notaufnahmen deutlich zunehme, sagte Marten Scheibel, Sprecher der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA), auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes. Daher sei die Initiative des Gesetz­ge­bers, diesem Problem aktiv zu begegnen, zu begrüßen.

Ob die höheren Strafen aller­dings tatsächlich die gewünschte, abschreck­ende Wirkung entfalten könnten, da zeigt er sich skeptisch. „Gewalt entsteht in der Regel nicht planmä­ßig, sondern aus dem Affekt heraus. Es bleibt somit abzuwarten, ob sich die Zahl der Übergriffe rückläufig entwickeln wird“, erklärte er.

Aus Sicht der DGINA benötigen rettungsdienstliches Personal sowie Pflegende und Ärz­te­schaft in Notaufnahmen eine Ausbildung in der Deeskalation, um besser für gefährli­che Situationen gerüstet zu sein und sicherer agieren zu können. „Insbesondere in Be­rei­chen mit einem erhöhten Gewaltpotenzial – etwa bei Demonstrationen, in Fußball­sta­dien oder in Notaufnahmen in Stadtgebieten – ist darüber hinaus auch ein verstärkter Ein­satz von Sicherheitsdiensten erstrebenswert“, sagte Scheibel. Dafür wiederum müsst­en entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.

„Respekt und Wertschätzung verdienen die Kräfte der Polizei, der Feuerwehr, des Ka­tastrophenschutzes und der Rettungsdienste, aber auch Ärztinnen und Ärzte, wenn sie die Patientenversorgung außerhalb der Sprechzeiten sicherstellen“, erklärten Max Kap­lan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), und Wolfgang Krombholz, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), in München.

Kaplan begrüßt die Pläne zur Stärkung des Schutzes der Einsatz-, Hilfs- und Rettungs­kräf­te, die längst überfällig seien. Damit setze der Staat ein unmissverständliches Signal, dass diese Gewalt nicht hingenommen werde. Genauso inakzeptabel sei es, dass Ärzte im Bereitschaftsdienst und in der Notaufnahme attackiert würden, was leider immer wie­der passiere, betonte Kaplan. Er forderte, es sei deshalb unbedingt notwendig, dass auch diese Ärzte vom Gesetzgeber entsprechend geschützt werden.

Krombholz erinnert daran, dass die Gefahr von Übergriffen auf Ärzte in den vergange­nen Jahren zugenommen habe und es bei der KVB deshalb auch eine eigene Fortbil­dungs­veranstaltung „Sicher im Ärztlichen Bereitschaftsdienst und beim Hausbesuch“ gebe, die sehr gut angenommen werde. „Die Kolleginnen und Kollegen, die Patienten zuhause aufsuchen, haben jegliche Unterstützung verdient. Insofern wäre es ein wichti­ges Signal, diese auch per Gesetz besser vor Gefahren durch aggressives Verhalten zu schützen.“

„Feuer­wehr­­leute, Sanitäter und Polizisten werden immer mehr zur Zielscheibe durchge­knallter Zeit­genossen, sensationslüsterner Gaffer oder unbelehrbarer Gegner unseres Gemein­we­sens“, erklärte heute auch der Gemeindetagspräsident Uwe Brandl in Mün­chen. Wer von Berufs wegen oder ehrenamtlich Hilfe leiste, verdiene die uneinge­schränk­te Solidarität und An­erkennung der Gesellschaft.

„Von anderen beleidigt oder gar tätlich angegriffen zu werden ist nicht hinnehmbar“, sag­te Brandl weiter. Solchen Straftätern müsse der Rechtsstaat mit der vollen Härte des Ge­setzes entgegentreten. Andernfalls leide die Motivation der Helfer massiv – und es werde der „allgemeinen Erosion des Rechtsbewusstseins“ Vorschub geleistet.

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann begrüßte den Gesetzentwurf. „Wir müss­en unbedingt diejenigen besser schützen, die tagtäglich für unsere Sicherheit ihren Kopf hinhalten“, sagte der CSU-Politiker.

may/dpa

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