Härtere Strafen für Angriffe auf Rettungskräfte

Berlin – Angriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei sollen künftig mit härteren Strafen geahndet werden. Das Bundeskabinett beschloss gestern in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Demnach wird ein tätlicher Angriff künftig schon bei einfachen „Diensthandlungen“ wie Streifenfahrten und Unfallaufnahmen mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Monaten und bis zu fünf Jahren bestraft. Bisher droht Angreifern dies nur bei „Vollstreckungshandlungen“ wie Festnahmen. Rettungskräfte und Feuerwehrleute werden analog wie Polizisten behandelt.
Auch wenn der Begriff nicht explizit im Gesetzentwurf zu finden ist, die härteren Strafen gelten auch bei Angriffen auf Notärzte. Sanitäter und Notärzte privater und öffentlicher Rettungsdienste seien unter dem Begriff Rettungskräfte zusammengefasst, sagte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes mit Verweis auf Gesetzeskommentierungen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte zuletzt auf dem Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft in Berlin „Null Toleranz“ für Übergriffe auf Rettungskräfte, Ärzte und Helfer gefordert. Der Minister hatte sich empört gezeigt, dass Gewalt gegen helfende Hände zunimmt. Gröhe verwies auf einen Vorfall in Nordrhein-Westfalen, bei dem ein Sanitäter im Rettungswagen tätlich angegriffen worden war. „Wir sehen in den letzten Jahren eine steigende Tendenz solcher Gewalttaten“, sagte er. Die Täter hätten „nicht nur die ganze Härte des Rechtsstaates, sondern auch eine klare, gesellschaftliche Ächtung verdient“.
Der Beschluss des Bundeskabinetts ist vielfach auf Zustimmung gestoßen. Es habe sich gezeigt, dass die Zahl an Übergriffen in Notaufnahmen deutlich zunehme, sagte Marten Scheibel, Sprecher der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA), auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes. Daher sei die Initiative des Gesetzgebers, diesem Problem aktiv zu begegnen, zu begrüßen.
Ob die höheren Strafen allerdings tatsächlich die gewünschte, abschreckende Wirkung entfalten könnten, da zeigt er sich skeptisch. „Gewalt entsteht in der Regel nicht planmäßig, sondern aus dem Affekt heraus. Es bleibt somit abzuwarten, ob sich die Zahl der Übergriffe rückläufig entwickeln wird“, erklärte er.
Aus Sicht der DGINA benötigen rettungsdienstliches Personal sowie Pflegende und Ärzteschaft in Notaufnahmen eine Ausbildung in der Deeskalation, um besser für gefährliche Situationen gerüstet zu sein und sicherer agieren zu können. „Insbesondere in Bereichen mit einem erhöhten Gewaltpotenzial – etwa bei Demonstrationen, in Fußballstadien oder in Notaufnahmen in Stadtgebieten – ist darüber hinaus auch ein verstärkter Einsatz von Sicherheitsdiensten erstrebenswert“, sagte Scheibel. Dafür wiederum müssten entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
„Respekt und Wertschätzung verdienen die Kräfte der Polizei, der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste, aber auch Ärztinnen und Ärzte, wenn sie die Patientenversorgung außerhalb der Sprechzeiten sicherstellen“, erklärten Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), und Wolfgang Krombholz, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), in München.
Kaplan begrüßt die Pläne zur Stärkung des Schutzes der Einsatz-, Hilfs- und Rettungskräfte, die längst überfällig seien. Damit setze der Staat ein unmissverständliches Signal, dass diese Gewalt nicht hingenommen werde. Genauso inakzeptabel sei es, dass Ärzte im Bereitschaftsdienst und in der Notaufnahme attackiert würden, was leider immer wieder passiere, betonte Kaplan. Er forderte, es sei deshalb unbedingt notwendig, dass auch diese Ärzte vom Gesetzgeber entsprechend geschützt werden.
Krombholz erinnert daran, dass die Gefahr von Übergriffen auf Ärzte in den vergangenen Jahren zugenommen habe und es bei der KVB deshalb auch eine eigene Fortbildungsveranstaltung „Sicher im Ärztlichen Bereitschaftsdienst und beim Hausbesuch“ gebe, die sehr gut angenommen werde. „Die Kolleginnen und Kollegen, die Patienten zuhause aufsuchen, haben jegliche Unterstützung verdient. Insofern wäre es ein wichtiges Signal, diese auch per Gesetz besser vor Gefahren durch aggressives Verhalten zu schützen.“
„Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten werden immer mehr zur Zielscheibe durchgeknallter Zeitgenossen, sensationslüsterner Gaffer oder unbelehrbarer Gegner unseres Gemeinwesens“, erklärte heute auch der Gemeindetagspräsident Uwe Brandl in München. Wer von Berufs wegen oder ehrenamtlich Hilfe leiste, verdiene die uneingeschränkte Solidarität und Anerkennung der Gesellschaft.
„Von anderen beleidigt oder gar tätlich angegriffen zu werden ist nicht hinnehmbar“, sagte Brandl weiter. Solchen Straftätern müsse der Rechtsstaat mit der vollen Härte des Gesetzes entgegentreten. Andernfalls leide die Motivation der Helfer massiv – und es werde der „allgemeinen Erosion des Rechtsbewusstseins“ Vorschub geleistet.
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann begrüßte den Gesetzentwurf. „Wir müssen unbedingt diejenigen besser schützen, die tagtäglich für unsere Sicherheit ihren Kopf hinhalten“, sagte der CSU-Politiker.
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