Im Herbst drohen weitere Ärzteproteste in Baden-Württemberg

Stuttgart – Die Ärzteschaft in Baden-Württemberg plant in den nächsten Monaten weitere Protestaktionen. Das kündigte der Medi-Verbund kürzlich an. „Die Praxen stehen vor einem Kollaps“, sagte Norbert Smetak, der Vorsitzender des Medi-Verbunds. Viele seien auch bereit, ihre Praxen für mehrere Tage zu schließen.
Smetak sagte, es brodele an der Basis. „Das medizinische Fachpersonal läuft weg, weil es an den Kliniken besser bezahlt wird.“ Die Praxen könnten die gestiegenen Kosten nicht über höhere Preise ausgleichen, sondern müssten sie aus der eigenen Tasche bezahlen. „Einnahmen und Ausgaben klaffen immer weiter auseinander.“ Vor allem kleine Praxen stünden zunehmend unter wirtschaftlichem Druck.
Aktuell laufen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband die Honorarverhandlungen für das kommende Jahr. Die KBV forderte im Vorfeld eine Erhöhung der relevanten Vergütung von knapp 10,2 Prozent. „Wir brauchen mindestens einen Inflationsausgleich. Aber so wie es aussieht, wird es nur eine minimale Erhöhung der Vergütung geben“, sagte der Medi-Chef weiter.
Smetak kritisierte unter anderem überbordende Bürokratie und ineffiziente Digitalisierung, die in den Praxen für viel Arbeit sorge. „Es kann nicht sein, dass uns immer wieder Sanktionen und Bußgelder angedroht werden, obwohl digitale Anwendungen nicht zuverlässig funktionieren und bisher keinen Mehrwert für die Versorgung mit sich bringen.“
Der Medi-Chef sieht nicht nur die Versorgung im Hausärztebereich gefährdet, sondern auch bei der Fachärzteschaft. „Immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte lassen sich nieder“, warnte er.
Der KV-Vorsitzende von Baden-Württemberg, Karsten Braun, sagte, für junge Medizinerinnen und Mediziner werde die ambulante Versorgung zunehmend unattraktiv. „Allein in Baden-Württemberg hat sich Zahl der freien Arztsitze innerhalb von wenigen Jahren mehr als verdoppelt: 2015 gab es 465 freie Arztsitze, aktuell sind es 1.090.“
In den Zeiten des Ärztemangels sei man eigentlich froh um jeden, der versorgen wolle. Fallzahlbegrenzungen und Budgets wirkten sich aber leistungsfeindlich aus. Im Südwesten gibt es 16.000 zugelassene Ärzte und Psychotherapeuten, davon 5.250 Hausärzte, 6.605 Fachärzte und Psychotherapeuten.
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