Ärzteschaft

KBV und Krankenkassen beschließen Maßnahmen zur Ausweitung des ambulanten Operierens

  • Montag, 19. Dezember 2022
/DoraZett, stockadobecom
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Berlin – Zur Förderung des ambulanten Operierens haben Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband ein erstes Maßnahmenpaket beschlossen. Es beinhaltet neben einer höheren Vergütung für ausgewählte Operationen auch eine Reihe von stationären Eingriffen, die Vertragsärzte ab Januar ambulant durchführen können. Eine erste Möglichkeit zur verlängerten Nachbeobachtung ist ebenfalls vorgesehen. Außerdem wurde die Kalkulation sämtlicher ambulanter und belegärztlicher Leistungen im EBM überprüft und die Bewertung angepasst.

„Dies ist ein erster Schritt, um die Ambulantisierung voranzutreiben“, sagte heute Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. Noch immer fänden viel zu viele Operationen im Krankenhaus statt, die eigentlich ambulant erfolgen könnten.

„Wir brauchen dringend einen Wechsel“, forderte er und fügte hinzu: „Mit dem Beschluss haben die Krankenkassen signalisiert, dass sie diesen Weg unterstützen.“ Die nächsten Schritte seien bereits in Vorbereitung.

Das Paket enthält mehrere Maßnahmen, die darauf abzielen, mehr operative Eingriffe ambulant statt stationär durchzuführen. Dazu hatten die Vertragspartner im Juni Eckpunkte verabschiedet, auf deren Basis der Beschluss gefasst wurde.

60 Millionen Euro zur Förderung ambulanter Operationen

Eine Maßnahme betrifft die Förderung ausgewählter ambulanter Operationen – wie Hernien-Eingriffe und Arthroskopien. Die Krankenkassen stellen dazu im kommenden Jahr 60 Millionen Euro zusätzlich bereit.

Mit diesem Geld werden Zuschläge zu rund 500 OPS-Kodes im EBM-Anhang 2 finanziert, sodass die Vergütung der geförderten Operationen um 16 Prozent bis zu 42 Prozent steigt. Die Höhe richtet sich somit nach dem operierten Organsystem sowie Art und Schwere des Eingriffs.

Zusätzlich zu den Zuschlägen wird das Spektrum an Operationen, die Vertragsärzte durchführen können, vergrößert: 196 OPS-Verfahren werden zum 1. Januar neu in den Anhang 2 aufgenommen – allesamt Eingriffe, die bislang ausschließlich stationär möglich sind. Dazu gehören Operationen unter anderem aus den Bereichen Neurostimulatoren und Rhythmuschirurgie sowie arthroskopische Eingriffe, für die die Kassen zusätzliches Geld bereitstellen.

Eine weitere Maßnahme betrifft die postoperative Überwachung, die nach und nach erweitert werden soll. Es wurde in einem ersten Schritt vereinbart, dass ab Januar bei allen Eingriffen nach EBM-Kapitel 31.2 (Ausnahme: bestimmte Augenoperationen) eine längere Nachbeobachtung von bis zu 16 Stunden möglich ist. Damit können mehr Patienten, die aufgrund ihres Gesundheitszustands oder Alters mitunter engmaschiger und länger betreut werden müssen, ambulant operiert werden. Des Weiteren kann die OP-Dauer ein Auslöser für eine längere Nachbeobachtung sein.

Die Dauer der postoperativen Überwachung richtet sich nach dem Aufwand der Operation. Aktuell sind je nach Kategorie 30 Minuten bis acht Stunden im EBM vorgesehen. Künftig ist für bestimmte Patienten eine doppelt so lange Nachbeobachtung möglich, zum Beispiel eine Stunde statt 30 Minuten, sechs Stunden statt drei Stunden. Dazu gibt es extrabudgetäre Zuschläge. Sie sind mit 77 Punkten je halbe Stunde bewertet; ab der fünften halben Stunde mit 68 Punkten.

Die Verlängerung der postoperativen Überwachung durch eine niedrigschwellige Beobachtung ist patientenbezogen zunächst nur bei Kindern bis 12 Jahren und Menschen ab 70 mit geriatrischen Versorgungsbedarf und Frailty-Syndrom oder Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Demenz oder Parkinson möglich. Bei den Eingriffen ab der Zeitkategorie 5 – sprich einer eineinhalbstündigen Operationszeit – kann die verlängerte Nachbeobachtung ebenfalls jetzt erfolgen.

Voraussetzung für eine Verlängerung ist jeweils, dass die postoperative Überwachungszeit überschritten wird. Die entsprechenden Zeiten werden im EBM ausgewiesen. Eine Ausweitung auf weitere Personen ist geplant. Ebenso soll eine noch umfassendere postoperative Nachbetreuung ermöglicht werden, so die KBV.

Ausgabenneutrale EBM-Reform abgeschlossen

Der Bewertungsausschuss hat darüber hinaus alle Leistungen des ambulanten und belegärztlichen Operierens neu kalkuliert und zum 1. Januar angepasst. Damit ist die im Jahr 2012 beschlossene Weiterentwicklung des EBM abgeschlossen. Das ambulante Operieren war der letzte Bereich, wo die Überprüfung noch ausstand. Sie betrifft die EBM-Abschnitte 31.2 und 36.2 sowie die GOP 01854, 01855, 01904 bis 01906 für Sterilisationen und Schwangerschaftsabbrüche.

Bei der Beschlussfassung der EBM-Reform vor zehn Jahren war festgelegt worden, dass die Weiterentwicklung punktsummen- und damit für die Krankenkassen ausgabenneutral erfolgen muss. Infolge der neuen Kostenkalkulation werden insbesondere Eingriffe der oberen Kategorien besser vergütet. Kleinere Operationen werden wegen der Punktsummenneutralität leicht abgewertet. Die Auf- und Abwertung von Leistungen betrifft alle operativen Fächer.

Weitere Maßnahmen zur Förderung des ambulanten Operierens sind bereits in Vorbereitung. So soll das als Kalkulationsgrundlage verwendete ambulante Operationszentrum erweitert und dadurch die Preise der Operationen im EBM erhöht werden. Die Finanzierung der höheren Bewertung soll mit zusätzlichen Finanzmitteln der Kassen erfolgen. Geplant ist ferner, dass die ambulanten Operateure mehr Geld für den hohen Hygieneaufwand erhalten. Wie die KBV mitteilte, ist eine Beschlussfassung hierzu für Juli 2023 anvisiert.

EB/aha

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