Klinik-Skandal in Stuttgart erreicht Staatsministerium
Stuttgart – Der Stuttgarter Klinik-Skandal zieht immer weitere Kreise und erreicht jetzt auch das Staatsministerium. Dort sieht sich Staatsminister Klaus-Peter Murawski (Grüne) Spekulationen ausgesetzt, er müsse von den Machenschaften in der Internationalen Abteilung des Stuttgarter Klinikums gewusst haben. Indes hat ihm Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Rücken gestärkt. Er habe keine Hinweise, dass der frühere Krankenhausbürgermeister in den Fall involviert gewesen sei, betonte der Regierungschef heute in Stuttgart. Klaus-Peter Murawski sei „ein außerordentlich korrekter Beamter“, sagte er.
Hintergrund der Einmischung Kretschmanns ist ein Bericht der Stuttgarter Zeitung, in dem gemutmaßt wird, dass Murawski von Unregelmäßigkeiten in der früheren internationalen Abteilung des Stuttgarter Klinikums wusste. Dieser selbst beteuerte jedoch, mit dem damals für das Geschäft vor allem mit Patienten aus arabischen Staaten zuständigen Andreas Braun nie über Unregelmäßigkeiten gesprochen zu haben. Zwar habe er mit Braun persönlichen, schriftlichen und telefonischen – aber keinen freundschaftlichen – Kontakt gehabt. „Von dem Zeitpunkt an, an dem ich erfahren habe, dass die Staatsanwaltschaft gegen Andreas Braun ermittelt, hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihm“, sagte er.
Ermittlungen wegen Untreue, Betrugs und Bestechlichkeit
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt derzeit wegen Untreue, Betrug und Bestechlichkeit gegen 21 frühere Mitarbeiter des Klinikums und Vermittler von Gesundheitsdienstleistungen. Unter anderem geht es um überhöhte Provisionen an Gesundheitsdienstleister, das Geschäft mit den ausländischen Patienten vermittelten. Murawski sagte dazu: „Ich wusste und weiß bis heute nichts von Provisionen, die die International Unit an irgendwelche Vermittler bezahlt haben soll.“
Der frühere Abteilungsleiter Braun sitzt in U-Haft. Es bestehe bei dem Mann Verdunklungs- und Fluchtgefahr, sagte Staatsanwalt Heiner Römhild. Zudem bestehe ein dringender Tatverdacht. „Konkrete Anhaltspunkte haben wir in dem vorliegenden Fall gesehen.“ Man habe keinen Anlass, Ermittlungen gegen Murawski zu prüfen. „Derzeit werten wir Unterlagen aus und im Anschluss werden wir gegebenenfalls prüfen, ob eine Ausweitung des Ermittlungsverfahrens angezeigt ist.“
Der Chef der Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion Alexander Kotz rief den Grünen-Politiker zur Aufklärung auf. „Ich wünsche mir, dass Murawski sein Wissen um etwaige Unregelmäßigkeiten dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung zur Verfügung stellt.“ Es seien millionenschwere Verträge am Krankenhausausschuss des Gemeinderats vorbei abgeschlossen worden.
Zum Teil seien sie in Arabisch und mit einem ausländischen Gerichtsstand abgefasst worden – völlig entgegen den Regeln des Klinikums. Kotz sieht aber auch den früheren Krankenhaus- und amtierenden Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) in der Verantwortung für die „unvorstellbaren“ Zustände und einen Millionen-Schaden im Klinikum.
Ob die beiden Bürgermeister einfach nicht von den Vorgängen im Klinikum wussten oder ihr Wissen nicht weitergaben – in beiden Fällen sei das nicht verantwortbar, sagte Kotz. Der Grünen-Politiker Murawski müsse sich auch fragen lassen, warum zu seiner Zeit als Bürgermeister mit dem früheren Grünen-Landeschef Braun ausgerechnet ein studierter Theologe auf eine gehobene Position im Gesundheitsbereich gesetzt wurde. Diese hatte Braun von 2008 bis zu seiner Kündigung Anfang 2017 inne. Seitdem ist der dreifache Familienvater laut seiner Web-Site freiberuflich tätig.
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