Vermischtes

Betrugsverdacht am Klinikum Stuttgart

  • Mittwoch, 25. April 2018
Klinikum Stuttgart_dpa
/Klinikum Stuttgart /dpa

Stuttgart – Wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug bei der Behandlung ausländischer Patienten am Klinikum Stuttgart hat die Staatsanwaltschaft 24 Wohnungen und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern durchsucht. Insgesamt wird gegen 20 Beschuldigte ermittelt, darunter zwei, bei denen bereits zuvor Durchsuchungen vorgenommen worden waren, wie die Anklagebehörde heute mitteilte. 15 Staatsanwälte, mehr als 70 Steuerfahnder und rund 90 Polizisten waren gestern im Südwesten, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland im Einsatz. Sie beschlagnahmten Computer, Handys und Unterlagen.

Neun Menschen stehen im Verdacht, für die Vermittlung und Betreuung ausländischer Patienten und die Zusammenarbeit mit dem Klinikum Stuttgart nicht erbrachte Leistungen abgerechnet und dafür unzulässige Provisionen kassiert zu haben. Im Zuge dessen sei auch Geld an mindestens einen Klinikmitarbeiter geflossen. Weitere neun frühere Mitarbeiter sollen die Rechnungen in vielen Fällen ohne Prüfung abgezeichnet haben. Es wird auch wegen des Verdachts der Bestechung und der Untreue ermittelt.

Geschädigte sind Klinikum und Patienten

Geschädigte sind laut Staatsanwaltschaft das Klinikum Stuttgart und die Rechnungsempfänger für ausländische Patienten, die vor allem aus Libyen, Kuwait, Saudi-Arabien, Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten kamen. Die größte Gruppe stammte aus Libyen. Im Juni 2013 hatte die Auslandsabteilung einen Vertrag mit der libyschen Übergangsregierung zur Behandlung von libyschen Kriegsversehrten unter anderem im Klinikum Stuttgart geschlossen. Das Klinikum erbrachte medizinische Leistungen für rund 370 Patienten.

In einem Fall ist laut Staats­anwaltschaft eine Botschaft geschädigt, die für ihre Landsleute in Vorkasse gegangen ist. Zum Jahr 2016 wurde die Auslandsabteilung des Klinikums als eigenständige Abteilung aufgelöst und in die regulären Strukturen des Krankenhauses mit seinen rund 7.000 Beschäftigten überführt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2016.

Zur Höhe des Schadens äußerte sich die Behörde nicht. Der SPD-Fraktionschef im Stuttgarter Gemeinderat, Martin Körner, bezifferte ihn auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Die Vorgänge schadeten überdies dem Image des Klinikums und der Landeshauptstadt. Die Stuttgarter Grünen müssen sich aus Sicht Körners zu ihrer politischen Verantwortung für die „skandalösen“ Vorgänge beim städtischen Klinikum bekennen und endlich zur Aufklärung beitragen.

„Immerhin war der Leiter der Internationalen Abteilung, Andreas Braun, der langjährige Landesvorsitzende der Grünen“, sagte der SPD-Mann. Der bis 2016 als Krankenhaus­bürgermeister amtierende und derzeitige Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) hätte aus dem Skandal schon längst Konsequenzen ziehen und zurücktreten müssen.

Die Kommune habe nach Bekanntwerden der Vorwürfe 2015 sofort gehandelt, um Licht in die Vorgänge in der Auslandsabteilung zu bringen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, sagte ein Stadtsprecher. „So haben wir unter anderem umgehend die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.“ Weder Stadtverwaltung noch Klinikum seien von den aktuellen Durchsuchungen betroffen gewesen.

dpa

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