Kosten für onkologische Arzneimittel steigen massiv

Berlin – Die Ausgaben für Onkologika in der ambulanten Versorgung Barmer-Versicherter sind seit dem Jahr 2011 um 41 Prozent gestiegen. Das geht aus dem Barmer-Arzneimittelreport 2017 hervor, der heute in Berlin vorgestellt wurde. Die Kasse fordert angesichts der Zahlen faire Preise für onkologische Arzneimittel sowie an der Versorgung der Patienten orientierte Packungsgrößen der Krebsmedikamente.
Der Trend steigender Ausgaben ließe sich nicht durch eine größere Anzahl an betroffenen Patienten erklären, betonte Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer. Darauf entfielen lediglich acht Prozent der Kostensteigerung. Einige Herstellerpreise hätten sich dagegen vervielfacht. Heute erreichten die Kosten für eine Krebstherapie in vielen Fällen eine Größenordnung von Hunderttausend Euro. Die Barmer fordert daher, dass Medikamente nach fünf Jahren auf ihren Nutzen überprüft und darauf basierend das Preis-Leistungsverhältnis bestimmt werden sollten.
31 Krebsmedikamente waren in Deutschland am teuersten
Im aktuellen Arzneimittelreport vergleichen die Autoren die Kosten von 31 onkologischen Arzneimitteln in Europa, Australien und Neuseeland. Das Ergebnis: Bei 90 Prozent der Onkologika (28 von 31) liegen die Preise in Deutschland über dem Median, acht der 31 Krebsmedikamente waren in Deutschland am teuersten.
Einfluss auf die Kostensteigerungen haben dem Report zufolge auch die Restmengen, die bei der Herstellung der Zytostatika-Rezepturen anfallen, die sogenannten Verwürfe. Bei den Barmer-Versicherten hätten im Jahr 2015 zehn Millionen Euro für ungenutzt weggeworfene Arzneimittel ausgegeben werden müssen, sagte Straub. Generell lassen sich Verwürfe allerdings nicht vermeiden: sie fallen je nach Packungsgröße, rezeptierter Wirkstoffmenge und Haltbarkeit des Wirkstoffes an. Durch an der Versorgung orientierte Dosisstärken könnten sie jedoch reduziert werden.
„Offenbar versuchen aber einige Pharmafirmen über Verwürfe ihren Gewinn zu maximieren, indem sie praxistaugliche Packungsgrößen mit Einzeldosierungen vom Markt nehmen und durch größere Packungen ersetzen. Auch die tatsächliche Haltbarkeit angebrochener onkologischer Arzneimittelstammlösungen scheint verschwiegen zu werden“, kritisierte Straub. Die Verfügbarkeit praxistauglicher Einzeldosisstärken sollte deshalb direkt mit der Zulassung verknüpft werden, fordert die Krankenkasse. Ebenso sollten Untersuchungen zur Haltbarkeit für die Pharmafirmen verpflichtend sein.
Der Report verweist zudem auf den Trend, dass für onkologische Arzneimittel immer häufiger die Zulassung als „Orphan Drugs“, also als Medikamente zur Behandlung seltener Erkrankungen beantragt wird. Ein Drittel der im Jahr 2015 neueingeführten Arzneimittel seien Orphan Drugs. „Um eine solche Zulassung als Orphan Drug zu erhalten, müssen weniger Belege über Nutzen und Sicherheit des Arzneimittels vorgelegt werden“, sagte Studienautor Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken.
Zur Sicherheit der Patienten fordert die Barmer daher, Orphan Drugs einer regulären frühen Nutzenbewertung zu unterziehen. Zudem müssten vor allem diese Medikamente auch zu einem späteren Zeitpunkt erneut einer Bewertung unterzogen werden.
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