Krankengeld auch bei verspätet eingereichter Krankschreibung

Kassel – Auch wenn eine Krankschreibung erst verspätet bei einer Krankenkasse eingeht, hat der gesetzlich Versicherte Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für den entsprechenden Zeitraum. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem auf seiner Internetseite veröffentlichten Urteil entschieden (Az. B 3 KR 23/22 R).
Für die Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) an die Krankenkasse sind bei gesetzlich Versicherten inzwischen die Ärzte zuständig. Eine verspätete Übermittlung führt daher nach Aussagen des BSG seit Anfang 2021 nicht mehr zum Verlust von Krankengeld.
Der freiwillig in einer Krankenkasse versicherte Kläger aus dem Raum Köln war vom 31. März bis zum 21. Juli 2021 krank. Zunächst zahlte wie üblich der Arbeitgeber für sechs Wochen den Lohn fort. Im Anschluss blieben die erwarteten Krankengeldzahlungen aus.
Die Krankenkasse begründete dies damit, dass sie keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erhalten habe. Dafür sei der Versicherte verantwortlich. Er habe sie aber erst nachträglich am 28. Juli 2021 nachgereicht.
Wie schon die Vorinstanzen urteilte nun das BSG, dass seit Anfang 2021 die Versicherten keine sogenannte Meldeobliegenheit gegenüber den Krankenkassen mehr trifft. Seitdem seien vielmehr die Vertragsärzte und Krankenhäuser verpflichtet, die von ihnen festgestellten Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Krankenkasse zu übermitteln. Ausgenommen seien davon bislang nur Privatärzte sowie bestimmte Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen.
Hintergrund ist die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Das Gesetz sehe die elektronische Übermittlung seit Anfang 2021 vor. Damit sei die Pflicht der Versicherten zur Vorlage der früheren Papierbescheinigungen entfallen, urteilte das BSG. Verzögerungen seien den Versicherten nicht zuzurechnen. Das ergebe sich aus dem neuen gesetzlichen Konzept.
Dass die für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgesehene Telematikinfrastruktur 2021 noch gar nicht verfügbar gewesen sei und Ärzte diese erst seit Anfang 2023 flächendeckend nutzen würden, ändere daran nichts. Gegenteilige, mehrfach verlängerte Vereinbarungen zwischen Ärzten und Krankenkassen könnten die gesetzlichen Vorgaben nicht aushebeln.
Nach dem Kasseler Urteil können gesetzliche Versicherte auch bei einer technischen Störung nicht in die Pflicht genommen werden. Das gilt auch dann, wenn sie wie früher eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform erhielten und von der Übertragungspflicht durch die Ärzte nichts wussten. Solche „Einzelfallumstände“ seien „rechtlich nicht mehr von Belang“.
Seit Anfang 2023 müssen Versicherte auch ihren Arbeitgebern keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr vorlegen. Eine „unverzügliche“ telefonische Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer reicht aus. Die Bescheinigung können Arbeitgeber dann elektronisch bei der Krankenkasse abrufen.
Das Bundessozialgericht sah die Angelegenheit damit wie zuvor schon das Sozialgericht Köln und das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen.
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