Krankenhäuser missachten Mindestmengen für Operationen

Gütersloh – Vier von zehn Kliniken, an denen Operationen stattfinden, für die Mindestmengen gelten, haben diese im Jahr 2017 nicht eingehalten. Das zeigt eine Auswertung des Science Media Centers (SMC) und der Weissen Liste der Bertelsmann Stiftung. „Dass in Deutschland komplizierte OPs trotz fehlender Routine durchgeführt werden, darf nicht zum Klinikalltag gehören“, sagte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.
Die Mindestmengenregelung für planbare Operationen soll gewährleisten, dass bestimmte Eingriffe nur dort stattfinden, wo das Operationsteam Erfahrungen mit den Eingriffen hat. „Aber 458 von 1.152 Kliniken (39,7 Prozent) führten 2017 komplexe Eingriffe durch, obwohl sie die vorgegebenen Fallzahlen unterschreiten. Das entspricht bundesweit rund 4.300 Operationen“, berichten SMC und Bertelsmann-Stiftung.
Die Analyse bezog sich auf folgende Eingriffe: Einsatz von künstlichen Kniegelenken, Stammzellentransplantation, Nierentransplantation, Lebertransplantation, komplexe Eingriffe an der Speiseröhre und komplexe Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse. Die Versorgung von Frühgeborenen wurde in diese Analyse nicht einbezogen.
Dabei gibt es der Analyse zufolge zwischen den Bundesländern erhebliche Unterschiede. Während in Mecklenburg-Vorpommern 29,2 Prozent und in Baden-Württemberg 30,7 Prozent der Kliniken eine oder mehrere der Mindestfallzahlen nicht erreichten, sind es in Brandenburg 56,7 Prozent und in Bremen 62,5 Prozent. Auch je nach Art des Eingriffs finden sich deutliche Unterschiede: Bei Bauchspeicheldrüsen-OPs liegen 34 Prozent und bei Speiseröhren-OPs 52,6 Prozent der Häuser unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmengen.
Unvollständige Qualitätsberichte
Die Analyse zeigt auch, dass ein Viertel der Kliniken, die Mindestmengen-Eingriffe durchführen, 2017 unvollständige Qualitätsberichte abgaben. Den Recherchen zufolge erreichte ein Großteil dieser Kliniken die gesetzlichen Vorgaben nicht. So hielten nach weiteren Recherchen nur sechs von 112 Kliniken, die keine Angaben zur Einhaltung der Mindestmengen bei Speiseröhren-OPs machten, die vorgegebenen Fallzahlen ein.
Bertelsmann-Stiftung und SMC fordern, der Gemeinsame Bundesausschuss sollte die Qualitätsberichte und Mindestmengen-Angaben der Krankenhäuser auf Vollständigkeit und Plausibilität prüfen. Kliniken, die Mindestmengen nicht einhielten, sollten von den Krankenkassen keine Vergütung für die erbrachten Eingriffe erhalten und dürften die Leistung künftig nicht mehr erbringen.
Zudem sollte der G-BA Mindestmengen für weitere Eingriffe festlegen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses nachweislich von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig sei. „Jeder, der in Deutschland operiert wird, sollte sicher und gut versorgt sein. Die Verschärfung der Mindestmengen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel“, so Mohn.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte, wenn solche Operationen unterhalb der Mindestmengen durchgeführt würden, lägen häufig zulässige Ausnahmen oder Notfallsituationen von Patienten vor. Zum Teil handele es sich auch nur um geringfügige Unterschreitungen. Der Verband schlägt daher „Korridore“ vor, die eine Teilnahme der Kliniken an der Versorgung ermöglichten.
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