Krankenhäuser: „Ohne verbesserte Rahmenbedingungen sind Belastungen der Zukunft nicht zu schultern“
Neuss – „Krankenhäuser müssen von der Politik in die Lage versetzt werden, ohne die Erbringung von Mehrleistungen tariflich gebundene Gehälter an ihre Beschäftigten zahlen zu können, ohne negative Jahresabschlüsse hinnehmen zu müssen“, forderte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), gestern auf dem KGNW-Forum in Neuss.
Die Krankenhäuser bräuchten ein klares Bekenntnis, dass Kostenzuwächse von den Krankenkassen refinanziert würden, sagte Brink, und verlangte zugleich, dass die Investitionsmittel der Länder um 50 Prozent angehoben werden. Ohne verbesserte Rahmenbedingungen sei es für die Krankenhäuser nicht möglich, die zusätzlichen Belastungen, die sich in den kommenden Jahren aus der demografischen Entwicklung, dem medizinischen Fortschritt und den Qualitätserwartungen ergeben werden, zu schultern.
1,2 Milliarden Euro Investitionsbedarf
Nach den Berechnungen von Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes, belaufe sich der Investitionsbedarf für NRW auf rund 1,2 Milliarden Euro jährlich. Bei einer Förderung von zurzeit 500 Millionen betrage die jährliche Investitionsunterfinanzierung demnach rund 700 Million Euro.
Die aktuellen Ergebnisse des Krankenhaus-Barometers des Deutschen Krankenhausinstituts seien alarmierend, sagte Brink. „Jede zweite Klinik hat 2012 rote Zahlen geschrieben.“ Dies bedeute eine dramatische Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr, als 31 Prozent der Krankenhäuser einen Jahresfehlbetrag aufwiesen. In fast 60 Prozent der Kliniken sei das Geschäftsergebnis zudem rückläufig gewesen.
„Das ungelöste Problem der Krankenhäuser ist also die fehlende nachhaltige und faire Finanzierung und nicht wie der Koalitionsvertrag die Öffentlichkeit glauben machen will, die mangelnde Qualität in unseren Kliniken“, betonte der Präsident des KGNW. Dies befand auch Wolfgang Pföhler, Vizepräsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft: „Wenn 50 Prozent der Kliniken rote Zahlen schreiben, dann kann es nicht an den Häusern liegen.“
„Es brodelt in der Mitarbeiterschaft.“
„Wir können unseren Mitarbeitern in den Krankenhäusern einfach nicht länger zumuten, dass Tariferhöhungen in der Pflege über Stellenabbau und weitere Arbeitsverdichtung refinanziert werden müssen“, so Brink. Es seien auch Berichte aufgetaucht, dass Krankenhäusern ihren Mitarbeitern das Weihnachtsgeld kürzten oder sogar streichen müssten, weil sonst dringend notwendige Investitionen zur Modernisierung und zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit nicht getätigt werden könnten, sagte der KGNW-Präsident. Er verwies darauf, dass der Druck in den Krankenhäusern riesengroß sei: „Es brodelt in der Mitarbeiterschaft.“
Brink äußerte sich zudem verärgert darüber, dass der GKV-Spitzenverband verlauten lassen hatte, dass eine angebliche Überversorgung mit Krankenhäusern in Deutschland besonders im Vergleich der Zahl der Kliniken in den Niederlanden mit der Klinikzahl in NRW deutlich würde. Er verwies darauf, dass es in den Niederlanden keine freie Arztwahl gebe und dass zudem das niederländische System teurer sei: Die Krankenhausausgaben in den Niederlanden machen 3,7 Prozent des BIP aus, in Deutschland lediglich 2,8 Prozent des BIP.
Zudem sprach sich Brink deutlich gegen Selektivverträge aus, die den Kassen die Möglichkeit gäben, zugelassenen Krankenhäusern die Kostenübernahme für Patientenbehandlungen zu verweigern. „Selektivverträge destabilisieren die Krankenhausinfrastruktur und machen langfristige Investitionsentscheidungen und Verpflichtungen für Weiterbildungen unmöglich“, führte Brink aus.
Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, forderte, Selektivverträge nicht grundsätzlich auszuschließen, da diese die Qualität insbesondere bei den Behandlungen von komplizierten Erkrankungen garantieren könnten. Insgesamt müsse es in der Krankenhauslandschaft mehr Transparenz über die Qualität der einzelnen Kliniken geben. „Wir messen die Qualität der Krankenhäuser seit vielen Jahren, ziehen daraus aber keine Konsequenzen“, sagte Elsner.
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