Politik

Kranken­hausinsolvenzen: Kassen warnen vor Panikmache

  • Dienstag, 20. Februar 2024
/Marco2811, stock.adobe.com
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Düsseldorf – In der Debatte über die Situation der Krankenhäuser in Deutschland warnen großen Kranken­kassen vor Panikmache, sehen aber gleichzeitig eine Reform der Krankenhauslandschaft als dringend an.

„Bisher sind uns 40 Krankenhäuser von knapp 1.650 insgesamt bekannt, die sich seit Juli 2022 in einem In­solvenzverfahren befinden“, teilte der Verband der Ersatzkassen (vdek) heute mit.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte zuvor vor einer Pleitewelle gewarnt und erklärt, dass 2023 mehr als 30 Klinikstandorte Insolvenz angemeldet hätten – 2024 könnten weitere 60 bis 80 Häuser in die Insolvenz rutschen.

Der vdek erklärte dazu, ein Insolvenzverfahren bedeute nicht zwangsläufig eine Schließung. Ziel sei es immer, die Klinik zu sanieren und eine neue Perspektive zu finden, etwa die Umwidmung in ein ambulantes Versor­gungsangebot. Oft würden Krankenhäuser auch durch einen neuen Träger übernommen, in vielen Fällen nur einzelne Fachabteilungen oder lediglich ein Standort von mehreren geschlossen.

Würden Krankenhäuser geschlossen, seien vorwiegend städtische Regionen und Regionen mit Verstädte­rungs­ansätzen betroffen. Die häufigsten Schließungsgründe seien neben der finanziellen Situation und Unwirt­schaft­lichkeit Personalmangel, Umstrukturierung und Mangel an Patienten.

„Die drohenden Insolvenzen von Krankenhäusern zeigen deutlich, dass eine Strukturreform der Krankenhaus­landschaft mehr als überfällig ist und nicht weiter verschleppt werden darf“, betonte Ulrike Elsner, Vorstands­vorsitzende des vdek. Der demografische Wandel, die Engpässe beim medizinischen und pflegerischen Perso­nal, der medizinische Fortschritt sowie Qualitätsprobleme in der Versorgung – ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben.

Man brauche mehr Konzentration, Spezialisierung und Ambulantisierung. Vor diesem Hintergrund sei es wider­sinnig, wenn die Krankenhausträger derzeit immer mehr Geld zur Aufrechterhaltung ineffizienter und nicht bedarfsgerechter Strukturen forderten und dies mit drohenden Insolvenzen begründeten, so Elsner. Zudem hätten die Krankenhäuser seit 2022 mehrfach Finanzhilfen von mehr als 10,7 Milliarden Euro erhalten.

„Wenn die Kliniken nicht schnell einen Inflationsausgleich vom Bund bekommen, könnten in diesem Jahr 80 Kliniken Pleite gehen“, sagte DKG-Chef Gerald Gaß der Rheinischen Post heute. Das ungeordnete Sterben der Krankenhäuser gehe zulasten der Mitarbeitenden und Patienten.

Morgen geht das Transparenzgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in den Vermitt­lungs­ausschuss von Bund und Ländern. Es sieht einen „Klinikatlas“ vor, der über das Leistungsprofil der Kran­kenhäuser informiert. Der DKG-Chef appellierte an die Länder, dem Gesetz nicht zuzustimmen, wenn der Minis­ter den notwendigen Inflationsausgleich weiterhin verwehre.

Gaß warnte: „Wenn Lauterbach seine Pläne so durchzieht, werden Geschäftsführer knallhart sanieren müssen: Personal abbauen, Standorte und Abteilungen schließen. Besonders defizitär sind Geburtshilfe, Kinderstatio­nen, Notaufnahmen. Diese wird man als erstes schließen.“

Seit Januar 2022 schrieben fast alle Kliniken rote Zahlen, so Gaß weiter. „Bis heute ist ein Defizit von 8,5 Milli­arden Euro aufgelaufen, und zwar trotz der Energiehilfen des Bundes. Jeden Monat kommen 500 Millionen Euro als Defizit bundesweit hinzu. Ab März fehlen jeden Monat 700 Millionen Euro, weil dann die Tarifsteige­rungen für das Personal fällig werden.“ Die Krankenhäuser bräuchten im Jahr mindestens vier Milliarden Euro zusätzlich, um ihre laufenden Ausgaben zu decken.

kna/aha

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