Ärzteschaft

Krankenhausreform verzögert Tarifeinigung mit kommunalen Kliniken

  • Donnerstag, 12. September 2024
In sechs Bundesländern traten Ärzte heute in einen Warnstreik für eine bessere Bezahlung. /picture alliance, Sven Hoppe
In sechs Bundesländern traten Ärzte heute in einen Warnstreik für eine bessere Bezahlung. /picture alliance, Sven Hoppe

Berlin – Für den kommenden Montag hat der Marburger Bund (MB) zu Warnstreiks an kommuna­len Kranken­häusern aufgerufen. Einfluss auf die Tarifgespräche hat auch die Krankenhausreform.

Eine Einigung auf einen neuen Tarifvertrag zwischen der Ärztegewerkschaft und der Ver­einigung der kommu­nalen Arbeitgeberverbände (VKA) werde auch dadurch erschwert, dass die Krankenhäuser wegen der geplan­ten Krankenhausreform derzeit keine Planungssicherheit hätten, erläuterte der 2. Vorsit­zen­de des MB, Andreas Botzlar, heute in Berlin.

Solange das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) nicht kodifiziert sei, müsse der Markt antizipieren, was voraussichtlich kommen werde. „Dann kann es zum Beispiel passieren, dass ein weiterbildungswilliger Arzt seine Weiterbildung nicht mehr in einem bestimmten Krankenhaus absolviert, da dies möglicherweise die Leistungsgruppe nicht erhalten wird, die er benötigt“, sagte Botzlar. Es sei aber nicht Aufgabe der Ärztin­nen und Ärzte, diese Probleme der Krankenhäuser zu kompensieren.

In den Tarifverhandlungen für die rund 60.000 Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern fordert der Marburger Bund eine lineare Erhöhung der Gehälter um 8,5 Prozent bezogen auf ein Jahr. Zudem strebt der Verband eine Reform der Schicht- und Wechselschichtarbeit an. „Wir beobachten zunehmend, dass plan­ba­re Eingriffe zum Beispiel in die späten Abendstunden verlegt werden, ohne dass es dafür eine medizinische Erfordernis gäbe“, sagte Botzlar.

„Wir wollen deshalb eine Trennung zwischen einer Normalzeit herbeiführen, zu der planbare Eingriffe statt­finden können, und der übrigen Zeit, in der Ärztinnen und Ärzte im Schichtdienst arbeiten. In dieser Zeit wäre ihre Arbeit dann zu bezuschlagen.“ Auf diese Weise will der MB das derzeitige System vereinfachen, das schwer zu kontrollieren und teilweise manipulationsanfällig sei.

Ein weiterer Forderungsbestandteil ist die Ausweitung der Regelungen zur rechtzeitigen Dienstplanung auf die Arbeit in Schichten. Daneben stehen auch Verbesserungen für Ärzte, die regelmäßig Rufbereitschaft leis­ten, und eine deutliche Anhebung der Bereitschaftsdienstentgelte auf dem Plan.

Verzögern der Verhandlungen nutzt Arbeitgebern

Die ersten beiden Verhandlungsrunden waren dem MB zufolge ergebnislos. „Auf unsere Forderung nach einem Gehaltsplus von 8,5 Prozent haben die Arbeitgebervertreter erwidert, dass sie aufgrund der schwieri­gen finanziellen Lage der Krankenhäuser die Gehälter der Ärztinnen und Ärzte eigentlich kürzen müssten“, berichtete Botzlar. „Am Ende haben sie doch 1,13 Prozent Steigerung angeboten. Das ist angesichts der star­ken Inflation der vergangenen Zeit natürlich ein schlechter Witz.“

Botzlar erklärte, dass es den Arbeitgebern nütze, wenn sich die Einigung auf einen neuen Tarifvertrag hin­ziehe. „Solange kein neuer Tarifvertrag unterschrieben ist, müssen die Arbeitgeber keine höheren Gehälter zahlen und die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte nicht umorganisieren“, sagte er.

„Wir beobachten ein zweistufiges Vorgehen der VKA“, erklärte MB-Verhandlungsführer Christian Twardy. Zum einen versuchten die Arbeitgeber, die Verhandlungen zu verzögern, indem sie zum Beispiel versuchten, die Forderungen zu delegitimieren. Zum anderen setzten Krankenhäuser die neuen Tarifverträge oftmals nicht um.

„Am Ende müssten Ärztinnen und Ärzte ihre Arbeitgeber dann verklagen, um zu ihrem Recht zu kommen. Das machen natürlich die wenigsten“, betonte er. Das führe zu Frustration.

„Wir begrüßen es ganz und gar nicht, dass wir unsere Mitglieder dazu aufrufen mussten, in den Warnstreik zu gehen“, betonte Twardy. „Denn jeder Warnstreik ist anstrengend und hinterlässt Spuren. Auch im Rückblick auf die vergangenen Verhandlungsrunden stellen wir aber fest, dass es nicht möglich ist, die VKA ohne Warn­streiks zu einem Entgegenkommen zu bewegen.“

Die zentrale Streikkundgebung soll am Montag um 13 Uhr auf dem Römerberg in Frankfurt am Main statt­finden. Weitere Kundgebungen sind in Potsdam, Lüneburg, Oldenburg, Wolfsburg, Dresden und Neumünster geplant.

Um die notfallmäßige medizinische Versorgung der Patienten sicherzustellen, schließen die Landes­verbände des Marburger Bundes nach Bedarf Notdienstvereinbarungen mit den einzelnen Krankenhäusern.

Der mit der VKA verhandelte Tarifvertrag findet bundesweit Anwendung auf Ärztinnen und Ärzte in kommu­nalen Krankenhäusern mit Ausnahme der Vivantes-Kliniken in Berlin und solchen, für die Haustarifverträge gelten. Die dritte Verhandlungsrunde mit der VKA ist für den 17. und 18. September terminiert.

fos

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