Krankenkassenüberschüsse betragen 1,86 Milliarden Euro

Berlin – Die Krankenkassen haben nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) seit Jahresbeginn einen Überschuss von 1,86 Milliarden Euro erzielt. Damit können sie auf Rücklagen von insgesamt 21 Milliarden Euro zurückgreifen. Im Durchschnitt entspricht dies etwa 1,1 Monatsausgaben und damit mehr als dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte die Kassen heute in Berlin auf, die „Beitragszahler jetzt endlich an den Überschüssen zu beteiligen“. Die Zahlen zeigten, dass es richtig gewesen sei, die Krankenkassen zum Abbau ihrer Rücklagen zu zwingen. Es gebe keinen Grund, Beitragsgelder weiter zu horten.
Der GKV-Spitzenverband sprach heute zwar von einer guten finanziellen Situation, schränkte dies jedoch zugleich ein. „Für 2019 erwarten wir einerseits steigende Ausgaben, andererseits wurde der rechnerische durchschnittliche Zusatzbeitragssatz durch eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums auf 0,9 Beitragssatzpunkte gesenkt“, sagte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands. Weiter mahnte sie mit Blick auf gesetzliche Vorgaben und geplante Honorarerhöhungen für niedergelassene Ärzte, „darauf zu achten, dass zusätzlichen Ausgaben auch tatsächlich zusätzliche Leistungen für die Versicherten gegenüber stehe“.
Grüne und Linke kritisierten Spahns Äußerungen als Ablenkungsmanöver. Die Rücklagen der Krankenkassen seien durch die gute Konjunktur entstanden und größtenteils von den Versicherten aufgebracht worden, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink. Mit Blick auf die Rücklagen der Kassen äußerte sie die Erwartung, diese dürften durch die Auswirkungen neuer Gesetze „schnell aufgebraucht sein“". Ohnehin sei die Finanzlage der einzelnen Kassen sehr unterschiedlich.
DKG kritisiert Krankenkassen
Der Linken-Politiker Achim Kessler erklärte, die Überschüsse sollten für dringliche Verbesserungen der Versorgung ausgegeben werden und nicht hauptsächlich der Entlastung der Arbeitgeberbeiträge dienen. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller kritisierte, die Kassen machten Überschüsse zulasten der Versorgungssicherheit.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) monierte heute, in den Überschüssen befänden sich zurückgehaltene Gelder, die den Kliniken zustünden. Es seien Mittel enthalten, „die die Krankenkassen mit der Verweigerung der Rechnungsbegleichung den Krankenhäusern entziehen“, erklärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Inzwischen würden rund 20 Prozent der Fallabrechnungen „mit vorgeschobenen Gründen nicht bezahlt oder sogar verrechnet“.
2017 verzeichneten die Krankenkassen laut BMG Einnahmen in Höhe von rund 180,6 Milliarden Euro; dem standen Ausgaben von rund 178,7 Milliarden Euro gegenüber. Besonders hoch fällt den Angaben zufolge der Überschuss der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) aus. Er liegt seit Januar bei rund 920 Millionen Euro. Bei den Ersatzkassen sind es 534 Millionen, bei den Betriebskrankenkassen 190 Millionen Euro.
Der Gesundheitsfonds, der über eine Liquiditätsreserve von rund 9,1 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete bis zum dritten Quartal 2018 einen saisonüblichen Ausgabenüberhang von rund 3,26 Milliarden Euro. Einnahmen aus Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld fließen dem Fonds weitestgehend in der zweiten Jahreshälfte zu.
Moderate Preissteigerungen
Insgesamt ergab sich bei den Krankenkassen in den ersten drei Quartalen 2018 ein Ausgabenzuwachs von 3,8 Prozent bei steigenden Versichertenzahlen von 0,8 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen um 3,7 Prozent, die Verwaltungskosten um 5,2 Prozent. Bei den Ausgaben für Krankenhausbehandlung registrierten die Krankenkassen einen Anstieg um 2,9 Prozent, die Arzneimittelausgaben wuchsen um 3,5 Prozent, die Ausgaben für vertragsärztliche Vergütung um 2,7 Prozent.
Bei den Ausgaben für ärztliche Behandlung ist laut BMG zu beachten, dass es bereits 2017 bei einer Reihe von Kassenärztlichen Vereinigungen mit vergleichsweise niedrigen Leistungsausgaben auf Grund der sogenannten „Konvergenzregelung“ zu höheren Vergütungsabschlüssen gekommen ist. Diese haben dazu geführt, dass der Ausgabenzuwachs im vergangenen Jahr mit 4,3 Prozent deutlich höher gelegen habe. Erhebliche Zuwächse verbuchten dabei die Hochschulambulanzen, deren Vergütungen um rund 20 Prozent gestiegen seien sowie die psychotherapeutischen Leistungen, deren Ausgaben um rund 10,8 Prozent anwuchsen.
Prognose fürs laufende Jahr
Deutlich überproportional sind vor allem die Ausgaben für Heilmittel (10 Prozent) gestiegen. Bei Heilmitteln machen sich dem Ministerium zufolge vor allem die schrittweise erfolgten Honorarerhöhungen auf Grund des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes bemerkbar. Der Zuwachs bei Hilfsmitteln betrug 4,9 Prozent.
Für das Gesamtjahr 2018 rechnet das BMG mit „einem deutlichen Überschuss in einer Größenordnung von rund 2,5 Milliarden Euro“. Nach Auswertung der Schätzerkreisergebnisse für 2019 hat das Ministerium bereits den durchschnittlichen zur Deckung der Ausgaben erforderlichen Zusatzbeitragssatz von 1,0 auf 0,9 Prozent abgesenkt. Der derzeit von den Krankenkassen erhobene durchschnittliche Zusatzbeitragssatz liegt bei 1,07 Prozent.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: