Ärzteschaft

Kritik an Niedersachsens Plänen für Pflichteinsätze von medizinischem Personal

  • Montag, 25. Mai 2020
/dpa
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Hannover – Der Marburger Bund Niedersachsen (MB) hat Pläne der niedersächsischen SPD und CDU für eine Zwangsrekrutierung von medizinischem Personal für die Pande­miebekämpfung scharf kritisiert.

Hintergrund ist ein Gesetzesentwurf, den die Fraktionen in den niedersächsischen Land­tag eingebracht haben. Danach sollen künftig unter anderem Ärzte und Pfleger in Fällen einer Epidemie zum Dienst in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen behördlich verpflichtet werden können.

„In den vergangenen Wochen haben wir bei den Beschäftigten im Gesundheitswesen in Niedersachsen eine überwältigende Bereitschaft erfahren, sich im Rahmen der Bekäm­pfung der Coronapandemie zu engagieren“, sagte der erste Vorsitzende des MB Niedersa­chsen, Hans Martin Wollenberg.

Es entspreche ärztlichem Denken und Handeln, in Notlagen zu helfen. Dies gelte auch und gerade für Pandemien. Eine drohende Zwangsrekrutierung wäre ein absolut falsches Signal und könnte demotivierend wirken, sagte er.

Zweifel, ob die Pläne verfassungsgemäß sind

Der MB Niedersachsen zweifelt zudem an, ob die geplante Regelung verfassungsgemäß ist: Die Verpflichtung stelle einen erheblichen Eingriff in Grund- und Persönlichkeits­rech­te von Beschäftigten im Gesundheitswesen dar, so der MB.

Das betreffe nicht nur das Grundrecht der Berufsfreiheit, sondern auch die Freizügigkeit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit. „Denn genügend Schutzausrüstung steht weiterhin nicht in allen Einrichtungen in ausreichendem Maße zur Verfügung“, kritisierte der zweite Vorsitzende des MB Niedersachsen, Andreas Hammerschmidt.

Gegen die Neuregelungen ausgesprochen hatte sich auch die niedersächsische Pflege­kammer. „Ein Pflichteinsatz für Pflegende ist der falsche Weg und ein massiver Eingriff in die Persönlich­keitsrechte“, sagte Kammerpräsidentin Nadya Klarmann kürzlich.

Bayern hatte eine gesetzliche Möglichkeit für eine Zwangsrekrutierung von Gesundheits­personal als erstes Bundesland geschaffen – und deutliche Kritik dafür geernet. Zwang sei „der völlig falsche Weg“ um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu organisieren, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen.

In Nordrhein-Westfalen hat der Landtag vor kurzem ebenfalls ein Gesetzespaket zur Be­kämpfung der Folgen der Pandemie verabschiedet. Aufgrund massiver Proteste ist in NRW eine im Entwurf vorgesehene ähnliche Verpflichtungsregelung allerdigs kurz vor Verab­schiedung gestrichen worden.

Für den MB sind die Regeln aus NRW absolut ausrei­chend. „Wir fordern die Mitglieder des Niedersächsischen Landtages und der Landesregierung dazu auf, sich für eine freiwillige Regelung, ein sogenanntes Freiwilligenregister, einzusetzen und von Zwangsverpflich­tungen abzusehen“, sagte Hammerschmidt.

hil

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