KV Nordrhein ruft nach Entbudgetierung aller Fachgruppen

Düsseldorf – Mehr Taten statt Worte fordert die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) von der Gesundheitspolitik.
Den jüngsten Willensbekundungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zum Trotz seien bis zuletzt weder beim Bürokratieabbau, der Abschaffung der Wirtschaftlichkeitsprüfungen noch bei der angekündigten Entbudgetierung der Hausärzte konkrete Taten gefolgt, kritisierte der KV-Vorstandsvorsitzende Frank Bergmann auf der KV-Vertreterversammlung am vergangenen Wochenende in Düsseldorf.
Die Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung in Nordrhein beträgt laut der KV alleine in den ersten drei Quartalen 2023 rund 385 Millionen Euro.
„Und diese Mittel sind keine Extrazuwendung, sondern stehen den Kolleginnen und Kollegen als Honorar für ihre geleistete Arbeit zu, so wie andere Berufsgruppen auch vollständig für ihre Arbeit bezahlt werden“, betonte der KV-Vorsitzende. Er kündigte an, dass die KV sich auf Bundesebene intensiv für eine vollständige Entbudgetierung aller Fachgruppen einsetze.
Wichtig ist laut KV außerdem, die Notdienstfinanzierung im Bund zeitnah auf eine neue Basis zu stellen. Dies betreffe insbesondere den Aspekt einer Vorhaltefinanzierung analog zum Krankenhausbereich – etwa für die wachsenden Betriebskosten der Portalpraxen oder zur Deckung steigender Gehälter für Medizinische Fachangestellte.
Ihren eigenen Gestaltungsspielraum für eine Verbesserung der ambulanten Rahmenbedingungen hat die KV laut Bergmann immer wieder genutzt, zum Beispiel für eine Erhöhung des Finanzierungsvolumens für die Notdienststrukturen.
Ein weiteres Thema der Vertreterversammlung war die elektronische Patientenakte (ePA). Der für Januar 2025 vom Gesetzgeber angekündigte Neustart der Anwendung müsse ohne großen Aufwand in die Praxisverwaltungssysteme integriert werden.
Dazu bedarf es Bergmann zufolge vorab einer intensiven Testphase und ebenso Klarheit und Transparenz zu den Rechten und Pflichten der Niedergelassenen. Wichtig sei auch, die Krankenkassen in die Verantwortung zur Aufklärung der Patienten zu nehmen.
„Die ePA ist eine ‚Patientenakte‘ und muss dementsprechend auch von diesen gehandhabt werden. Hier sind das Bundesministerium für Gesundheit und vor allem die Kassen am Zug, die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig zu informieren“, betonte Bergmann.
Scharfe Kritik übte der KV-Chef am umstrittenen Cannabisgesetz. „Cannabis hat gerade bei jungen Erwachsenen negative Auswirkungen auf die Psyche. Der nun nahezu freie Konsum wird die ambulanten Versorgungsstrukturen in den kommenden Jahren vor erhebliche Herausforderungen stellen“, sagte Bergmann.
Mit dem Gesetz sei man von echter Drogenprävention und von nachhaltigem Jugendschutz „Lichtjahre entfernt“. „Durch diese Entscheidung hat die Bundesrepublik gute Chancen, in die Championsleague der Drogenkriminalität aufzusteigen“, sagte der KV-Vorsitzende.
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV, Carsten König, informierte die Vertreterversammlung auf dem Treffen über das 2025 startende Modellprojekt des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur datengestützten Qualitätssicherung in der ambulanten Psychotherapie.
Dieses soll laut König für sechs Jahre in Nordrhein-Westfalen (NRW) erprobt werden. Praxen müssten im Rahmen des Projektes bestimmte Angaben dokumentieren und an die KV übermitteln. Ebenso sollen Daten aus einer Patientenbefragung in das Verfahren einfließen.
„NRW wurde als Modellregion vom G-BA ausgewählt. Zusammen mit der KV Westfalen-Lippe werden wir uns für eine möglichst bürokratiearme Umsetzung stark machen. Ebenso ist klar, dass der gestiegene Zeit- und Technikaufwand für die Praxen kostendeckend gestaltet sein muss“, sagte König.
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