Länder rufen nach mehr Zeit für neues Psychotherapiestudium

Berlin – Die Bundesländer fordern mehr Zeit für die Einführung eines neuen Studiengangs zur Ausbildung von Psychotherapeuten. Ein von der Bundesregierung vorgesehener Beginn zum 1. September 2020 sei zu früh, erklärte die Länderkammer heute in einer ausführlichen Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzentwurf.
Diesen hatte das Kabinett im Februar auf den Weg gebracht. Der Bundesrat plädiert dafür, den Start des Studiengangs um ein Jahr zu verschieben. Das Gesetz muss in Bundestag und Bundesrat Zustimmung finden.
Das neue Studium solle auch an Fachhochschulen angeboten werden dürfen, verlangen die Länder. Zudem sprechen sie sich für höhere Praxisanteile von einem halben oder einem ganzen Jahr aus. Und der Bund solle die Kosten des neuen Studiengangs vollständig übernehmen, da sonst Plätze in anderen Bereichen abgebaut werden müssten.
Psychotherapie soll nach dem Willen der Koalition ab 2020 ein eigenständiges universitäres Studienfach werden. Bis zur Zulassung sind ein dreijähriges Bachelor- und ein zweijähriges Masterstudium vorgesehen. Dem soll sich eine Weiterbildung in stationären und ambulanten Einrichtungen anschließen.
Bisher müssen Psychologische Psychotherapeuten zunächst Psychologie studieren und daran eine Fachausbildung anschließen, deren Kosten sie in der Regel selbst tragen müssen. Mit dem neuen Studiengang soll sich das ändern.
Daneben würde laut Gesetzentwurf der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt, die Psychotherapie-Richtlinie zu ergänzen, um den Zugang zur Behandlung neu zu steuern. Dagegen wenden sich die Länder ebenfalls.
Sie argumentieren, dass erst 2017 der Erstkontakt zwischen Patient und Therapeut neu geregelt worden sei. Seitdem hätten sich die Wartezeiten auf ein Erstgespräch erheblich verkürzt. Bevor weitere Anpassungen vorgenommen würden, sollte die Bewertung dieser Neuregelung abgewartet werden. Eine erneute Änderung ist auch bei Fachverbänden hoch umstritten.
Kritik von Ärzten
Die Bundesärztekammer (BÄK) lehnt die Reform strikt ab. In einer aktuellen Stellungnahme fordert die BÄK den Gesetzgeber auf, „den Entwurf mit Blick auf die bewährte multidisziplinäre Zusammenarbeit in der psychotherapeutischen Versorgung“ zu überarbeiten.
Sollte der Entwurf Realität werden, so führe dies zu einer weitgehenden Ausgliederung der Behandlung von psychisch Kranken aus dem medizinischen Versorgungssystem – und damit zum Nachteil der Patienten, heißt es in der Stellungnahme. Anstatt auf eine ganzheitliche Behandlung komplexer Krankheitsbilder hinzuwirken, bedrohe die Reform eine individuelle, somatische wie psychische Aspekte integrierende Versorgung, argumentiert die BÄK.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) zusammen mit dem Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) und dem Bundesnetzwerk Selbsthilfe seelische Gesundheit (NetzG) wiesen den Referentenentwurf zuletzt deutlich zurück.
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt hingegen den Entwurf hingegen als „wegweisende Reform“ der Psychotherapeutenausbildung.
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