Politik

Länder fordern deutliche Änderungen bei der Krankenhausreform

  • Dienstag, 11. November 2025
/DragonImages, stock.adobe.com
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Berlin – Am morgigen Mittwoch wird das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) im Bundestag in erster Lesung debattiert. Die Novelle sieht Änderungen der erst Ende 2024 beschlossenen Krankenhausreform (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, KHVVG) vor.

Neben dem Bundestag beschäftigt sich auch der Bundesrat mit den Anpassungen. So hat der Gesundheits- und Finanzausschuss sowie der Ausschuss für Kultrufragen im Bundesrat vor wenigen Tagen eine Empfehlung getroffen, über die der Bundesrat in seiner Sitzung am 21. November Stellung beziehen soll.

In dem 68-seitigen Dokument fordern die Länder unter anderem mehr und alleinigen Spielraum für Ausnahmemöglichkeiten bei der Zuteilung der Leistungsgruppen sowie Anpassungen der Finanzierung des Krankenhaustransformationsfonds.

Sie sträuben sich den Empfehlungen zufolge gegen die geplante Regelung, dass die befristeten Ausnahmen zu den Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen im Einvernehmen mit den Krankenkassen getroffen werden müssen.

Dies komme einem Vetorecht gleich, durch das erheblicher Einfluss auf Entscheidungen der Landeskrankenhausplanung genommen werden könne. Stattdessen brauche es mehrmalige Befristungen, um die regionalen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern angemessen berücksichtigen zu können, betonen die Länder.

Sie drängen zudem darauf, die Anrechenbarkeit von Fachärzten von drei auf fünf Leistungsgruppen auszuweiten. Insbesondere für die Orthopädie oder Frauenheilkunde wäre das hilfreich, um die Anforderungen in kleineren Krankenhäusern zu erfüllen.

Die Länder lehnen es zudem ab, dass teilstationäre Einrichtungen und Besondere Einrichtungen die Leistungsgruppenvoraussetzungen erfüllen müssen, obwohl sie keine Vorhaltevergütung erhalten. Und sie fordern die Einführung einer zusätzlichen Leistungsgruppe für „Neugeborene in Geburtskliniken“, um die Abrechnung der diagnosebezogenen Fallpauschalen künftig besser zu ermöglichen.

Nach wie vor geht auch die Debatte um die 2.000-Meter-Standortregelung weiter. Demnach dürfen Krankenhäuser nur als ein Standort gezählt werden, wenn die einzelnen Gebäude nicht mehr als zwei Kilometer voneinander entfernt liegen.

Um die Planungshoheit der Länder nicht einzuschränken, müsse dieser Radius auf fünf Kilometer erhöht werden, heißt es in den Empfehlungen der Bundesratsausschüsse. Im Einzelfall sollten die Länder aber auch von dieser Regelung abweichen dürfen, um „besser geeignete, lokale Bedürfnisse zu berücksichtigen“.

Die Länder schlagen weiter vor, Unterschreitungen der künftig vorgesehenen Mindestvorhaltezahlen von bis zu zehn Prozent als Schwankungen abzupuffern. Wenn diese Zahlen in diesem Rahmen unterschritten werden, soll dies künftig nicht automatisch zu den Rechtsfolgen führen, also einer Kürzung der Vorhaltepauschalen. Entsprechende Mindestvorhaltezahlen gibt es noch nicht.

Diese sollen erst noch vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) berechnet werden und müssen dann als Rechtsverordnung verbindlich geregelt werden. Die Länder drängen, dass diese Rechtsverordnung spätestens zum 31. März 2026 erlassen wird, damit sie diese Zahlen kennen und für ihre Planung entsprechend berücksichtigen können.

Keine Mindestmengen bei onko-chirurgischen Leistungen

Das KHAG sieht vor, dass die mit dem KHVVG eingeführten Mindestmengen für onko-chirurgische Leistungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auch nach unten korrigiert werden können. Im Gesetz war bislang geregelt, dass diejenigen Kliniken, die die wenigsten und zusammen 15 Prozent der Eingriffe in einem entsprechenden Indikationsbereich erbringen, diese künftig nicht mehr abrechnen und erbringen dürfen.

Dieser Paragraf 40 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sei aber ganz zu streichen, fordern die Länder jetzt. Der Abschnitt enthalte „systemwidrige und nicht evidenzbasierte“ Mindestmengen. Die Sorge der Länder: In dünner besiedelten Flächen könnten viele Krankenhäuser, die nur geringe Fallzahlen bei gewissen onko-chirurgischen Leistungsbereichen haben, entsprechende Leistungen nicht mehr erbringen. Die Erhöhung, beziehungsweise Schaffung von Wartezeiten sei aber unbedingt zu vermeiden, argumentieren die Länder.

Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte diese Regelung damals eingeführt, um die Qualität in den komplexen onko-chirurgischen Leistungen zu erhöhen und Gelegenheitsversorger, die nur wenige Fälle pro Jahr übernehmen, von der Versorgung auszuschließen, um so Patienten nicht zu gefährden.

Länder wollen ihren Anteil auch aus dem Sondervermögen bestreiten

Zudem wollen die Länder Änderungen im KHAG, die es ihnen ermöglichen, ihren Landesanteil für den Transformationsfonds ebenfalls aus dem Sondervermögen Infrastruktur zu begleichen.

Vorgesehen mit dem KHAG ist, dass der Bund Finanzmittel aus dem neu geschaffenen Sondervermögen Infrastruktur nutzt, um von 2026 bis 2029 70 Prozent, später 50 Prozent des Transformationsfonds zu finanzieren. Die Länder sollen den Rest aus ihren Landeshaushalten zuschießen.

Mit dem im Oktober beschlossenen Länder-und-Kommunal-Infrastrukturfinanzierungsgesetz erhalten sie allerdings 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur für landeseigene Investitionen. Dieses Geld wollen die Länder nun nutzen, um ihren Anteil am Transformationsfonds zu begleichen.

Die Länder stellen sich zudem gegen die geplante verspätete Einführung der Förderbeträge für die Bereiche Pädiatrie, Geburtshilfe, Stroke Unit, Spezielle Traumatologie oder Intensivmedizin. Diese sollte es auch für 2027 ursprünglich geben, das KHAG sieht jedoch eine Streichung vor. Erst ab 2028 soll es entsprechende Zuschläge gemeinsam mit dem Start der Planung nach Leistungsgruppen geben.

Perspektivisch sollte weiter zunächst die budgetneutrale Phase konsequent genutzt werden, damit die Krankenhäuser erstmalig eine unverbindliche Information über die Höhe des künftig geplanten Vorhaltevolumens erhalten. Entsprechend müssten die bestehenden Regelungen dann angepasst und nachjustiert werden.

Die Vorhaltevergütung sollte zudem im weiteren Verfahren so überarbeitet werden, dass sie „weitgehend unabhängig von dem Umfang der Leistungserbringung errechnet werden kann.“ Die notwendigen tatsächlichen Kosten der Krankenhäuser sollten stärker in den Blick genommen werden.

Um die Krankenhäuser weiter zu entlasten, fordern die Länder eine Steigerung des Landesbasisfallwertes von vier Prozent für die Jahre 2024 und 2025. Sie begründen dies damit, dass die Inflation in den vergangenen Jahren stärker angestiegen sei als die tatsächliche Steigerung der Krankenhauserlöse, die über die Anpassung der Landesbasisfallwerte abgebildet werde. Zwar linderten die geplanten kurzfristigen Rechnungsaufschläge die Situation etwas, lösen die grundsätzliche Problematik aber nicht, heißt es in den Empfehlungen der Ausschüsse.

Weiter drängen die Bundesländer darauf, den von Lauterbach ins Leben gerufenen Bundesklinikatlas wieder abzuschaffen.

Auch bezüglich der neuen geplanten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen (SÜV) gibt es Nachbesserungsbedarf in den Augen der Bundesländer. So wollen sie mitbestimmen, welche Leistungen von den SÜV erbracht werden dürfen oder müssen. Das Leistungsangebot müsse als flexibler Instrumentenkasten an regionale Bedarfe angepasst werden können, fordern die Länder.

Für die SÜV braucht es zudem die Versorgungsform der medizinisch-pflegerischen Versorgung, die über Kurz- oder Übergangspflege hinausgeht, fordern die Länder. Dies soll sich vor allem an ältere Patientengruppen richten, die oftmals keine „stationäre Hochleistungsmedizin“ benötigen würden, aber deren Versorgung nicht ausschließlich ambulant erfolgen könne.

Die ärztlichen Leistungen der medizinisch-pflegerischen Versorgung an SÜV könnten dabei auch von Vertragsärzten, mit denen die sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen hat, erbracht werden und soll so reguläre Krankenhäuser entlasten.

Die Länder sorgen sich zudem vor einem nicht erfolgreichen Übergang von vielen kleineren Krankenhäusern in die SÜV-Standorte. Dies würde Leerstand und Verfall sowie den Verlust medizinischer Infrastruktur insbesondere in ländlichen Regionen bedeuten, heißt es in den Empfehlungen der Bundesratsausschüsse. Entsprechend brauche es gesetzliche Regelungen, die eine ausreichende stationäre Auslastung in den sektorenübergreifenden Versorgern ermöglichen, ein flexibles Leistungsspektrum und realistische Qualitäts- und Personalstandards.

cmk

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