Politik

Lauterbach: „Klimapolitik ist auch Gesundheitspolitik“

  • Donnerstag, 3. November 2022
Karl Lauterbach (SPD, links), Bundesminister für Gesundheit, und Klaus Reinhardt (rechts), Bundesärztekammerpräsident, begrüßen sich im Beisein von Johan Rockström (hinten, links), Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgen-Forschung, und Martin Herrmann (hinten rechts), Vorstandsvorsitzender von Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (Klug), bei einer Pressekonferenz zur Gesundheitsbedrohung durch fossile Energieträger. /picture alliance, Christoph Soeder
Karl Lauterbach (SPD, links), Bundesminister für Gesundheit, und Klaus Reinhardt (rechts), Bundesärztekammerpräsident, begrüßen sich im Beisein von Johan Rockström (hinten, links), Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgen-Forschung, und Martin Herrmann (hinten rechts), Vorstandsvorsitzender von Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (Klug), bei einer Pressekonferenz zur Gesundheitsbedrohung durch fossile Energieträger. /picture alliance, Christoph Soeder

Berlin – Die Folgen des Klimawandels ist für Gesundheits- wie für Klimafachleute „die mit Abstand größte und wichtigste Krise in diesen Zeiten“. Das erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) heute ge­mein­sam mit Gesundheitsexperten in der Bundespressekonferenz in Berlin.

In einem weiteren Austausch mit Exper­tinnen beim Lancet Countdown erklärte der Minister, dass es immer klarer werde, wie sehr die Zeit für geeignete Maßnahmen weglaufe.

Der Klimawandel habe etwa durch Hitzewellen unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit und begünstige auch die Ausbreitung neuer Pandemien, sagte Lauterbach. Deshalb sei eine Verringerung des CO2-Ausstoßes auch ein Beitrag zur Gesundheitsförderung, so Lauterbach. „Klimapolitik ist auch immer Gesundheitspolitik", mahnte er.

Vor allem in den Bereichen Mobilität und Ernährung könnte „von jedem einzelnen“ gleichzeitig ein Beitrag zur Gesundheitsförderung und zum Klimaschutz geleistet werden. Er warb dafür, dass die Menschen eher mit dem Rad unterwegs sein sollten und nicht mit Fahrzeugen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.

Die Bundesärztekammer (BÄK) plant, Empfehlungen für klimaneutrale Arztpraxen und Krankenhäuser vorzulegen, erklärte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt. Dazu hat die BÄK eine Task-Force eingerichtet, ebenso wurden auf dem 125. Deutschen Ärztetag dazu Beschlüsse gefasst, um beispielsweise als Bundesärztekammer bis 2030 klimaneutral zu werden.

Derzeit arbeite man an der Umsetzung, so Reinhardt. „Wir kümmern uns als Ärzteschaft nicht nur um die Gesund­heit des Einzelnen, sondern auch um die Lebensgrundlagen“, sagte Reinhardt. Alle Akteure im Gesundheitswesen mit Ärzteschaft, Pflege, Krankenhäuser und Krankenkassen müssten „Vorbild sein“.

Lauterbach rief Ärztinnen und Ärzte sowie andere Gesundheitsfachberufe dazu auf, „Aktivistinnen und Aktivisten für den Klimawandel zu werden“. Die medizinischen Fachberufe seien diejenigen, die das „enge Gewebe von Klima und Gesundheitsgefahren verstehen“.

Der Vorsitzende der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), Martin Herrmann, kritisierte, dass die Zusammenhänge von Klimawandel und Gesundheit in Politik und Gesellschaft „weitgehend noch nicht ver­standen“ würden.

„Wer nicht für die Energiewende eintritt und sie auch persönlich wie gesellschaftlich umsetzt, trägt Verantwor­tung für die gesundheitlichen Schäden an Leib und Leben“, sagte Herrmann. Er wolle aber mit seinem Engage­ment nicht aufhören, bis der Zusammenhang in der Bevölkerung wie in der Politik verstanden werde.

Nach Berechnungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) habe es in diesem Jahr in Deutschland alleine 4.500 hitze­be­dingte Todesfälle gegeben. „Hinzu kommen hunderttausende Menschen mit schweren Symptomen und Millio­nen Menschen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit“, erklärte Herrmann. Erst seit 2019 werde der Zusammenhang von Klimawandel und Gesundheit auch von der Bundesregierung „ernst genommen“.

Mit Blick auf die UN-Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm el Scheich (COP27), die an diesem Sonntag startet, erklärte Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung, dass besonders Europa eine Region sei, die weltweit immer wärmer werde und dies im Vergleich zu anderen Weltregionen auch noch weiter zunehme.

Auf der Weltklimakonferenz entstehe nun wahrscheinlich die Konfrontation zwischen dem globalen Süden, der erst dann selbst etwas für den Klimaschutz und die Verlangsamung des Ausstoßes von Treibhausgasen tun möchte, wenn sich die reichen europäischen Staaten ebenfalls bewegten. Europa müsse ein Vorbild sein.

Denn der Klimawandel könne für alle tödlich sein. „Von Hitzewellen, die in den Ländern wie Deutschland Gesund­heitsprobleme etwa bei alten Menschen verursachen, über Risiken von Missernten, die bei den Armen in asiati­schen oder afrikanischen Ländern zu Mangelernährung führen können, bis hin zu Infektions­krankheiten: Die Aus­wirkungen der globalen Erwärmung sind enorm“, so Rockström.

Aus seiner Sicht gebe es in Deutschland beispielsweise im Vergleich zu den USA oder seinem Heimatland Schwe­den eine bereites politisches Grundverständnis, dass der Klimawandel menschengemacht und real sei. Dies sei nicht mehr in jeder westlichen Demokratie so.

bee/kna/dpa

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