MB-Vorsitzende Johna fordert höhere politische Priorität für Gesundheitsversorgung

Berlin – Die Politik müsse endlich bereit sein, ausreichend in das Gesundheitswesen zu investieren. Mit Sparmaßnahmen befeuere man nur bereits bestehende Versorgungsprobleme, warnte heute Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (MB), im Rahmen der 142. Hauptversammlung des MB. Es gelte, die richtigen Prioritäten zu setzen: Ein leistungsfähiges Gesundheitswesen vorzuhalten, sei staatliche Kernaufgabe.
Aus Sicht der Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern brauche es in mehreren Bereichen deutliche Fortschritte, so Johna. Dies betreffe unter anderem einen „echten Bürokratieabbau“, eine „sinnvolle und nutzerfreundliche“ Digitalisierung, die Beschleunigung der Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen sowie die Stärkung der Prävention und Gesundheitskompetenz. Zudem müsse die Tatsache geändert werden, dass die Kapazitäten an Medizinstudiumplätzen in Deutschland „weit unter Bedarf“ lägen.
Mehr von der Politik erwartet Johna auch bezüglich der geplanten Krankenhausreform. Die nötige Transformation werde „Zeit, Nerven und Geld“ kosten – dies dürfe verantwortungsvolle Politik nicht verschweigen, sondern müsse dies im Gegenteil klar kommunizieren. Auch dürften sich Bund und Länder bei den Kosten nicht vor ihrer Verantwortung drücken. Ein entsprechender Transformationsfonds müsse finanzielle Mittel im „hohen zweistelligen Milliardenbereich“ umfassen.
Im Zuge der Reform des stationären Bereiches müsse zudem das ärztliche Personalbemessungsinstrument der Bundesärztekammer (ÄPS-BÄK) implementiert werden. Johna appellierte an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die Ärzteschaft „nicht im Regen stehen“ zu lassen und bei den Personalstrukturen die richtigen Weichen zu stellen.
Keine weiteren Verzögerungen bei Krankenhausreform
Die angekündigte Krankenhausreform muss zügig ins Gesetzgebungsverfahren gebracht werden, dazu forderte heute die MB-Hauptversammlung die Bundesregierung auf. Die Neujustierung der stationären Versorgung dürfe nicht in parteipolitischen Grabenkämpfen untergehen.
Jede weitere Verzögerung des Reformprojekts drohe die aktuell schwierige Lage der Krankenhäuser noch weiter zu verschärfen, so warnten die Delegierten per einstimmigen Beschluss. Wie auch Johna betonte, führe die Verunsicherung derzeit zu einem Investitionsstillstand in vielen Kliniken – sowohl bei den Strukturen als auch beim Personal. Krankenhäuser bräuchten dringend Planungssicherheit.
Zur bereits zuvor von Johna thematisierten Einbindung des ÄPS-BÄK gab es ebenfalls einen einstimmigen Beschluss der MB-Hauptversammlung. Die Delegierten fordern den Bundesgesetzgeber auf, im Rahmen der Krankenhausreform das ärztliche Personalbemessungsinstrument der BÄK als verpflichtend einzuführen.
Die aufgaben- und patientengerechte ärztliche Personalausstattung stelle eine wichtige Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung dar. Bei der Entscheidung, welche Leistungsgruppen einem Krankenhaus zugewiesen werden, sollten bedarfsgerechte Personalvorgaben verpflichtend einbezogen werden müssen. Hierzu sei eine gesetzliche Grundlage erforderlich.
Auswirkungen auf ärztliche Ausbildung bedenken
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird in einem weiteren Beschluss aufgefordert, Stellung zu den potenziellen Auswirkungen der Krankenhausreform auf das Medizinstudium beziehungsweise die medizinische Ausbildung zu beziehen.
Die im Zusammenhang mit den Reformplänen angedachte Neuordnung der Versorgungsstrukturen werfe die Frage auf, inwieweit mit den unterschiedlichen Klassifikationen auch verschiedene Befugnisse bezüglich der Beteiligung an der ärztlichen Ausbildung einhergehen – beispielsweise bei der Anerkennung universitärer Lehrkrankenhäuser. Bislang bleibe auch offen, wie sich eine mögliche Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft auf die Verfügbarkeit von Orten zur Ausübung des Praktischen Jahres (PJ) auswirken könnte.
Auch auf die neue Approbationsordnung und die zukünftig verstärkte Einbeziehung von Lehrkrankenhäusern, -praxen und anderen Gesundheitseinrichtungen in Blockpraktika und PJ verweisen die Delegierten. Vom BMG solle daher klargestellt werden, inwieweit die möglichen Folgen der Reformen im Gesundheitswesen die ärztliche Ausbildung betreffen könnten und inwiefern die Verfügbarkeit qualitativer Ausbildungsorte garantiert werden kann.
Die Empfehlungen der Regierungskommission Krankenhaus für eine Reform des Rettungsdienstes als Teil einer Notfallversorgungsreform wurden gestern von den Delegierten der MB-Hauptversammlung im Grundsatz begrüßt.
Vorrangige Reformziele müssten die optimale Vernetzung aller Strukturen der Rettungskette und die Vermeidung von unnötigem, personellen Einsatz sein, so heißt im entsprechenden Beschluss. Der von der Regierungskommission dazu genannte Ausbau der telefonischen Ersteinschätzung und der telenotärztlichen Unterstützung stelle hierfür ein geeignetes Instrumente dar. Auch die angestrebte Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung sei „ausgesprochen sinnvoll“. Diese werde langfristig zu Verbesserungen führen.
Substitution notärztlicher Leistungen abzulehnen
„Vorschläge, nach denen Notärztinnen und Notärzte insbesondere in der bodengebundenen Rettung durch zusätzlich qualifizierte Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter ersetzt werden sollen“, seien aber nicht zielführend. Henrik Herrmann, Mitglied im Vorstand des MB, betonte, dies sei „absolut abzulehnen“. Vor einem gegeneinander Ausspielen der Berufsgruppen warnte Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des MB. Genau dies drohe in der Diskussion um die Substitution von medizinischen Leistungen.
Ein solches Vorgehen werde zudem keine Personalressourcen heben, da bereits jetzt offene Stellen im Rettungsdienst für Notfallsanitäter nur schwer zu besetzen seien, so die Hauptversammlung des Marburger Bundes. Ohnehin bestünden bereits jetzt viele Möglichkeiten für die Delegation von Tätigkeiten im Rettungsdienst.
Vielmehr stelle der Erhalt eines flächendeckenden Netzes einer bodengebundenen notärztlichen Versorgung, der an Ländergrenzen nicht Halt machen dürfe, eine Grundvoraussetzung für eine hohe Versorgungsqualität dar.
Zur Entlastung der Notaufnahmen enthält der MB-Beschluss den Vorschlag, Vertragsarztpraxen in die Rettungsdienstkette zu integrieren. Diese könnten, sofern sie in der Lage und bereit sind, während der Praxiszeiten Notfalltermine anzubieten, vom Rettungsdienst direkt angefahren werden. Dies solle dann greifen, wenn die Ressourcen des Krankenhauses zur Versorgung des individuellen Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vonnöten sind.
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