Ministerium: Kliniken sollen Zahl der Operationen wieder erhöhen

Berlin − Die Krankenhäuser in Deutschland sollen die elektiven Operationen wieder hochfahren. Außerdem soll künftig jeder Patient bei Aufnahme in ein Krankenhaus auf COVID-19 getestet werden. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat ein entsprechendes Konzept vorgelegt, das von den für Krankenhausplanung zuständigen Bundesländern ab der nächsten Woche umgesetzt werden soll.
Nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am 13. März die Krankenhäuser aufgefordert hatte, alle aus medizinischer Sicht nicht dringend notwendigen elektiven zu stoppen, lasse es die derzeitige Entwicklung zu, „ab Mai einen Teil der Krankenhauskapazitäten auch wieder für planbare Operationen zu nutzen“.
Dafür empfiehlt das BMG in seinem Konzept „Neuer Klinikalltag“, dass die freizuhaltenden Intensivkapazitäten für COVID-19-Patienten nun 25 Prozent betragen sollen und nicht wie bisher 50 Prozent. Auch sollen die OP-Kapazitäten „in einem ersten Schritt“ zu 70 Prozent für Elektiveingriffe geöffnet werden. „Über diese Vorgabe hinaus sollten die Krankenhäuser in der Lage sein, je nach Pandemieverlauf innerhalb von 72 Stunden weitere Intensiv- und Beatmungskapazitäten zu organisieren“, so der Minister.
Spahn erklärte bei einem Besuch an der Medizinischen Hochschule Hannover, dass ein „neuer Alltag“ auch für die Kliniken definiert werden solle. Demnach sollen alle zwei Wochen das Geschehen evaluiert und damit schrittweise weitere OP-Kapazitäten um etwa zehn Prozent erhöht werden können.
Dafür sei auch die Zahl der freie Intensivbetten bundesweit sowie regional ausschlaggebend. Auch soll die Zahl der Patienten, die neu mit einer SARS-CoV-2-Infektion in Kliniken aufgenommen werden, für ein weiteres Hochfahren der elektiven OP-Tätigkeit hinzugezogen werden.
Um die Zahl der benötigen Beatmungsplätze besser abschätzen zu können, soll es eine Weiterentwicklung des DIVI-Intensivregisters geben, damit dort künftig der Bedarf an Intensivbetten für die nächsten zwei Wochen vorausgesagt wird. Dieses neue Tool wird vom BMG gefördert, heißt es.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt das Konzept. „Damit wird dem berechtigten Interesse der Patienten, die auf Behandlung warten, Rechnung getragen“, erklärte Gerald Gaß, Präsident der DKG. Die Vertretung der Krankenhäuser hatte heute auch eigene Konzeptideen für das Hochfahren der Klinikaktivitäten vorgelegt. Darin sind einige Punkte enthalten, die offenbar auch im Ministerium so geteilt werden.
Kritisch bewertet die DKG allerdings die Vorgabe, dass alle 14 Tage eine Re-Evaluation von Kapazitäten vorgenommen werden soll. Dies sei ein „theoretisches Rechenmodell, das die Kliniken nicht einheitlich umsetzen können“, so die DKG in einer Mitteilung.
„Wir brauchen deshalb keine detailverliebte Regelung der notwendigen Balance zwischen COVID-Bereitschaft und Regelversorgung. Die Verantwortlichen in den Krankenhäusern wissen, was zu tun ist, um allen Patienten die notwendige Versorgung zukommen zu lassen“, erklärte Gaß.
Zu der Entscheidung, welche elektiven Eingriffe in den kommenden Wochen durchgeführt werden, haben die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft (AWMF) sowie die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie eine Empfehlung erarbeitet, die das BMG zitiert.
Da die Entscheidung „nur die Ärztinnen und Ärzte im Einzelfall vor Ort treffen“ können, sollte jedes Krankenhaus ein „interdisziplinäres Team aus allen operativen Disziplinen, Anästhesisten sowie der Pflege“ bilden, die diese Entscheidungen trifft. Planungen dafür sollten „von Woche zu Woche erfolgen“, so das BMG.
Darüber hinaus „wird den Ländern empfohlen“, ein regionales Stufenkonzept für die künftige Versorgung zu entwickeln. „Die Länder können dabei regional die je Krankenhaus grundsätzlich 25 Prozent vorzuhaltenden Intensivbettenkapazitäten in geeigneter Weise auch auf andere Krankenhäuser übertragen, etwa um Spezialkliniken von COVID-19-Patienten zu entlasten und dort vermehrt elektive Eingriffe vornehmen zu lassen“, heißt es in den BMG-Ratschlägen.
Dazu zählt beispielsweise, dass Länder die Kliniken festlegen sollen, die entsprechende Kapazitäten freihalten oder vorrangig Menschen mit COVID-19 versorgen sollen. Es soll auch eine „Eskalationsstrategie“ geben, wie die Kapazitäten wieder verändert werden, wenn es zu einem neuen Infektionsgeschehen kommt.
Diesen Teil des BMG-Konzeptes kritisiert die DKG scharf: „Man kann jetzt nicht einfach Klinikstandorte definieren, an den Operationen konzentriert werden und andere benennen, die sich vorrangig um COVID-Patienten kümmern“, erklärte DKG-Präsident Gaß. Kliniken seien für ihre Schwerpunkte personell und medizintechnisch ausgestattet. „Wer das kurzfristig neu ordnen möchte, bringt die komplette Krankenhauslandschaft in Unordnung“, so die DKG.
Daher will die DKG bei den Bundesländern, die für die Umsetzung des Rahmenplanes zuständig sind, dafür werben, sich auch an dem DKG-Konzept zu orientieren. Dies sieht auch vor, dass der finanzielle Schutzschirm für die Krankenhäuser regelmäßig überprüft und mittelfristig angepasst wird, so die DKG.
Ebenso wirbt die DKG dafür, den Betrieb von Rehakliniken wieder aufzunehmen, Pflegeheime besser beim Umgang mit positiv getesteten Personen zu unterstützen und eine Teststrategie für Mitarbeiter von Kliniken zu entwickeln. Es müsse eine Regelung geben, dass diese Tests auch refinanziert würden. Über die finanzielle Situation soll ein Expertenbeirat das BMG beraten. Dieser soll in diesen Tagen seine Arbeit aufnehmen.
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