Mittwochs geschlossen: Virchowbund plädiert für Vier-Tage-Woche

Berlin – Arztpraxen sollten künftig nur noch an vier Tagen in der Woche für die Versorgung geöffnet sein. Der Mittwoch sollte generell dazu genutzt werden, bürokratische Aufgaben zu erledigen und Fortbildungen zu machen. Den Vorschlag machte heute der Virchowbund.
Die Versorgung von Akutfällen soll nach Ansicht des Vereins wie an Wochenenden der ärztliche Bereitschaftsdienst (116117) übernehmen. Grund für den Vorschlag ist dem Virchowbund zufolge die angespannte Lage in den Praxen.
Die Arztpraxen stünden durch Energiepreisexplosion und Inflation unter enormem Kostendruck. Gleichzeitig erhielten die Niedergelassenen nicht genügend finanzielle Unterstützung. Der Virchowbund nennt das budgetierte Finanzierungssystem, die Streichung der Neupatientenregelung und ein schlechtes Ergebnis bei den Finanzverhandlungen mit den Krankenkassen.
„Für uns ist deshalb klar: Leistungen, die nicht bezahlt werden, können auch nicht erbracht werden. Deshalb müssen wir unsere Leistungen einschränken“, sagt der Bundesvorsitzende des Virchowbunds, Dirk Heinrich.
Er will dies unter anderem auch als Zeichen gegen die immer stärker ausufernde Bürokratie in den Arztpraxen und als Mittel gegen den Fachkräftemangel verstanden wissen. Im Schnitt sind niedergelassene Ärztinnen und Ärzte 61 Arbeitstage pro Jahr und Praxis mit Verwaltungsarbeit belastet – Tendenz steigend.
Der Verband sieht in seinem Vorschlag für die Praxisschließungen auch weitere Vorteile. So mache eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich den Beruf der medizinischen Fachangestellten (MFA) attraktiver und Praxen wieder zu nachgefragten Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Aktuell leiden dem Verband zufolge 75 Prozent der haus- und fachärztlichen Praxen unter dem Fachkräftemangel.
Im Hinblick auf Unterfinanzierung und Budgetierung des ambulanten Bereiches sei die Konzentration auf vier Tage zur Patientenversorgung ein wichtiger Beitrag zur wirtschaftlichen Praxisführung und Kostensenkung, schreibt der Verband weiter. Nicht zuletzt könnten Praxen durch den Schließtag auch einen Teil der Energiekostensteigerung abfangen.
Darüber hinaus sieht der Verband damit die Attraktivität für eine Niederlassung gesteigert. Eine Vier-Tage-Woche sei familienfreundlicher und mache die Niederlassung attraktiver für junge Ärztinnen und Ärzte, speziell gegenüber der Anstellung im Krankenhaus, hieß es.
Für bereits Niedergelassene sei die Umstrukturierung eine Chance, aus dem „Hamsterrad“ auszusteigen. Jeder vierte bis jeder dritte Niedergelassene fühle sich durch seine Arbeit ausgebrannt.
„Die politische Untätigkeit und Fehlsteuerung der letzten Jahrzehnte zwingt die Ärzteschaft die Notbremse zu ziehen“, kritisiert der Virchowbund-Bundesvorsitzende. „Andernfalls drohen noch schlimmere Folgen, auch für die Patienten.“
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