Politik

Nach Ärger um Bescheide: Pflegekammer will Beitragsordnung ändern

  • Mittwoch, 9. Januar 2019

Hannover– Nach massiver Kritik über die Höhe der geforderten Beiträge will die niedersächsische Pflegekammer ihre Beitragsordnung ändern. Die Kammer­versammlung solle eine Arbeitsgruppe gründen, die zeitnah eine Lösung vorlegen werde, sagte Kammerpräsidentin Sandra Mehmecke heute nach einem Treffen mit Sozialministerin Carola Reimann (SPD). „Ich werde vorschlagen, insbesondere die Festsetzung des Höchstbeitrags für die künftigen Bescheide abzuschaffen.“ Reimann betonte, durch das „unglückliche“ Vorgehen der Pflegekammer sei Vertrauen bei den Pflegekräften in die neue Einrichtung verloren gegangen. Dieses müsse nun zurück­gewonnen werden. „Die Kammer muss deutlich machen, dass sie nicht gegen, sondern für die Pflegepersonen arbeitet.“

Die 2017 per Gesetz beschlossene Pflegekammer ist eine berufsständische Selbst­verwaltung, der alle niedersächsischen Fachkräfte der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege angehören. Sie müssen einen Beitrag zahlen, der nach dem Einkommen bemessen wird. Vor Weihnachten hatte die Kammer Bescheide über 140 Euro fürs Jahr 2018 verschickt, was Jahreseinkünften von 70.000 Euro entspricht. Um weniger zu zahlen, müssen Mitglieder ihr steuerpflichtiges Jahresbruttoeinkommen angeben. Erst dann wird ein neuer Bescheid über 0,4 Prozent der Jahreseinkünfte erstellt. Dieses Vorgehen hatte bei vielen Betroffenen Ärger ausgelöst. In einer Onlinepetition fordern mittlerweile 40.000 Unterzeichner die Abschaffung der Kammer.

Kammerpräsidentin Mehmecke sagte, als neues Modell der Beitragsordnung sei denkbar, dass die Mitglieder zunächst zur Selbstauskunft über ihre Einkünfte aufgerufen werden – und danach auf dieser Grundlage 0,4 Prozent Beitragssatz berechnet werde. Einer Entscheidung der Kammerversammlung wolle sie aber nicht vorgreifen.

Rufe nach Abschaffung der Kammer wiesen sowohl Reimann als auch Mehmecke zurück. „Die Pflege brauchte eine starke Stimme, und die Kammer kann eine solche Stimme sein“, sagte Reimann. Mehmecke sagte, die Kammer sei die einzige Institution, die die Pflegefachkräfte unabhängig von den Interessen Dritter vertrete.

Diese Auffassung teilt auch die pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Meta Janssen-Kucz. „Weder die Gewerkschaften noch die Berufsverbände haben es in der Vergangen­heit vermocht, die Interessen der Pflege gegenüber Einrichtungen und Krankenkassen durchzusetzen.“ Daher habe die rot-grüne Landesregierung seinerzeit die Einrichtung der Pflegekammer beschlossen. Der Unmut der Pflegekräfte über die Beitragsbescheide sei verständlich, aber es sei ein großer Kraftakt, diese berufsständische Vertretung aufzubauen.

Kritik kam dagegen von der FDP im Landtag. Die Äußerungen der Sozialministerin und der Kammerpräsidentin seien nicht dazu geeignet, die Situation zu entspannen, rügte die Sozialexpertin Sylvia Bruns. „Statt einer Rücknahme der Bescheide versucht man, sich mit einer Arbeitsgruppe zu retten und hofft, dass die Zeit die Wunden heilt.“ Die Pflegekammer solle sich weniger darum kümmern, Geld einzutreiben, sondern die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Fokus nehmen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Stephan Bothe, forderte ein Ende der Zwangsmitgliedschaft in der Pflegekammer. „Eine freiwillige, vom Land finanzierte Vereinslösung nach bayerischem Modell wäre für die Pflegekammer eine denkbare Lösung“, sagte Bothe, der selbst als examinierter Krankenpfleger gearbeitet hat.

dpa

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