Politik

Neue Regelungen sollen Versorgung psychisch kranker Menschen verbessern

  • Mittwoch, 22. Mai 2024
/Microgen, stock.adobe.com
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Berlin – In dem heute vorgelegten Referentenentwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gibt es einige Neuerungen, die die Versorgung psychisch kranker Menschen verbessern und auch den psychotherapeutischen Nachwuchs sicherstellen sollen. Konkrete Regelun­gen zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung gibt es aber nicht.

Vorgesehen ist konkret, den Zugang zur Versorgung von „Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen und so­zialen Lebensumstände einen erschwerten Zugang zur Versorgung haben“ zu verbessern. Bundesgesundheits­minister Karl Lauterbach (SPD) nannte psychisch kranke Menschen mit Mehrfacherkrankungen, Drogensucht oder Erfahrungen mit dem Strafsystem als Beispiel.

„Diese Menschen werden in den Wartezimmern von Psychotherapeuten nicht gerne gesehen, weil sie zahl­reiche Probleme mitbringen“, sagte Lauterbach. Für diese Gruppe soll daher ein neuer „Ermächtigungstat­be­stand“ geschaffen werden.

„Mittels Sonderbedarfszulassungen, also neuen Sitzen, wollen wir insbesondere junge Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ermächtigen, gerade diese Menschen zu behandeln“, sagte Lauterbach vor der Presse. Denn sie verursachten „hohe Kosten, weil sie immer wieder ins Krankenhaus müssen“.

Darüber hinaus sollen psychotherapeutisch tätige Ärzte sowie Psychotherapeuten, die überwiegend oder aus­schließlich Kinder und Jugendliche behandeln, zukünftig eine eigene Bedarfsplanungsgruppe bilden. Damit soll den besonderen Versorgungsbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen beim Zugang zur psychotherapeuti­schen Versorgung Rechnung getragen werden. Diese Regelung war bereits in der vorherigen Version des GVSG enthalten.

Durch die zusätzlichen ambulanten Niederlassungsmöglichkeiten könnten der gesetzlichen Krankenversiche­rung nach Angaben des BMG „ab dem Jahr 2026 Mehrausgaben in Höhe eines niedrigen bis mittleren zweistelli­gen Millionenbetrages pro Jahr entstehen“.

Darüber hinaus soll die Erbringung psychotherapeutischer Leistungen vereinfacht werden. „Es wird geregelt, dass künftig die Einholung eines Konsiliarberichts entbehrlich ist, wenn die psychotherapeutische Behandlung auf Überweisung eines Vertragsarztes oder einer Vertragsärztin erfolgt und daher eine somatische Abklärung bereits stattgefunden hat.“

Zudem wird dem Gemeinsamen Bundesausschuss vom Gesetzgeber aufgegeben, das Antragsverfahren für die Beantragung von Kurzzeittherapie von einem bisher zweistufigen auf ein einstufiges Verfahren umzustellen.

Regelungen zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung, die von der Psychotherapeutenschaft seit langem erwartet werden, finden sich in dem Gesetzentwurf weiterhin nicht, im Gegenteil. In dem Text heißt es: „Rechtliche Vorgaben zur Weitergabe eines Teils der Vergütung, den die Weiterbildungsambulanzen von den Krankenkassen für durch die Weiterbildungsteilnehmenden erbrachten Leistungen erhalten, sind obsolet und damit zu streichen.“

Der Begriff „Weiterbildungsambulanzen“, wird vom Gesetzgeber als neue Legaldefinition eingeführt und steht für „Ambulanzen an Einrichtungen, die nach Landesrecht für die Weiterbildung von Psychotherapeuten oder Ärzten in psychotherapeutischen Fachgebieten zugelassen sind“.

Die Position der Weiterbildungsambulanzen wird laut Gesetzgeber dadurch gestärkt, dass sie „die Möglichkeit erhalten, ihre Vergütung mit den Krankenkassen selbst zu verhandeln“. Und weiter: „Die bestehenden vergü­tungs­rechtlichen Regelungen für die Psychotherapeuten in Weiterbildung und die Weiterbildungsambulanzen sollen unter Berücksichtigung der jeweiligen Weiterbildungsordnungen angepasst werden.“

„Mit völligem Unverständnis“ reagiert die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) auf die Gesetzespassagen zur psychotherapeutischen Weiterbildung. „Wir stellen fest, dass eine Regelung geschaffen werden soll, die eine angemessene Finanzierung der Weiterbil­dung explizit verhindert“, erklärte BPtK-Präsidentin Andrea Benecke.

Weitere Änderungen, wie die Einführung einer Legaldefinition für Weiterbildungsambulanzen und das Streichen einer auf Psychotherapeuten in Weiterbildung nicht anwendbaren Vergütungsregelung, seien „reine Kosmetik“.

„Eine ausreichende Finanzierung von Weiterbildungsstellen in Praxen, Weiterbildungsambulanzen und Kliniken wird mit dem GVSG nicht erreicht“, kritisiert Benecke. „Das GVSG verschreibt sich dem Ziel, den psychothera­peu­tischen Nachwuchs zu sichern. Das ist nur einlösbar, wenn das GVSG im parlamentarischen Gesetzgebungsver­fahren deutlich nachgebessert wird.“

Das GVSG soll laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach noch vor der Sommerpause gelesen werden.

PB

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