Politik

Neuer Anlauf für eine Fünf-Farben-Ampel auf Lebensmitteln

  • Montag, 7. Januar 2019
Entwurf einer möglichen künftigen Joghurtverpackung mit Nährwertampel /dpa
Entwurf einer möglichen künftigen Joghurtverpackung mit Fünf-Farben-Ampel /dpa

Berlin – In vielen Supermärkten sollen sie in diesem Jahr nach und nach auftauchen: kleine, farbige Aufdrucke auf manchen Joghurts und Tiefkühlkost. Die neuen Logos eröffnen die nächste Runde im Ringen um deutlichere Nährwertkennzeichnungen für Fertigprodukte. Es geht um gesündere Ernährung und weniger Übergewicht nicht nur bei Kindern. Verbraucherschützer fordern dafür seit Langem Farbsymbole, die auf einen Blick erkennen lassen, wie viel Zucker, Fett und Salz in Milchspeisen, Müslis oder Tiefkühlpizzen stecken. Ebenso lange wehrt die Lebensmittelbranche das scharf ab.

Bis zum Sommer soll solch eine Kennzeichnung auf dem Tisch sein, die den Nährwertgehalt „gegebenenfalls vereinfacht visualisiert“. So haben es Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Bundesernährungs­ministerin Julia Klöckner (CDU) hat schon Vorschläge in Aussicht gestellt, macht aber auch kein Hehl aus ihrer Skepsis gegen „vereinfachte“ Kennzeichnungen mit den Ampelfarben. Da bringt es Dynamik in die Diskussionen, dass zwei Branchengrößen vorlegen: Danone und Iglo wollen noch Anfang 2019 erste Produkte mit dem neuen Farblogo in die Kühlregale bringen.

Verbraucherschützer präferieren das einfache Nutriscoremodell

Verbraucherschützer machen schon für dieses System namens Nutriscore mobil, das Frankreich 2017 auf freiwilliger Basis für die Hersteller eingeführt hat. Es sei das beste Modell auf dem Markt und biete die Chance, aus den „Schützengräben der Vergangen­heit“ herauszukommen, sagt der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. „Wir appellieren an die Lebensmittelwirtschaft, hier ihren destruktiven Widerstand aufzugeben.“ Das Logo sei auch einfacher als die britische „Ampel“ – diese umstrittene Kennzeichnung hat mehrere separate Symbole in rot, gelb oder grün für Zucker, Fett und Salz.

Nutriscore mache dagegen negative wie positive Elemente in einem einzigen Wert erkennbar, erläutert Müller. Dafür wird – jeweils für 100 Gramm – beides mit Punkten bewertet und verrechnet: einerseits der Gehalt an Kalorien, Zucker, Fett und Salz und andererseits empfehlenswerte Bestandteile wie Ballaststoffe, Proteine, Früchte oder Gemüse. Das Ergebnis ist dann im aufgedruckten Logo auf der Vorderseite der Packung zu sehen – in einer fünfstufigen Skala von „A“ auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes „C“ bis zu einem roten „E“ für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird hervorgehoben, etwa ein hellgrünes „B“ für Naturjoghurt oder ein orangenes „D“ für einen Joghurt mit Karamellsauce und Knusperflocken.

Lebensmittelindustrie kritisiert Intransparenz des Logos

Bei der deutschen Lebensmittelwirtschaft hält sich die Begeisterung in Grenzen – auch wenn das Modell mit fünf Farben differenzierter ist als nur mit drei. Durch Ampel­farben werde automatisch eine subjektive Bewertung vorgenommen, moniert der Spitzenverband BLL. Wie sie genau zustande kommt, mache das Logo nicht ersichtlich. Überhaupt werde es wissenschaftlichen Grundlagen nicht gerecht, wenn alles Rötliche mit „Stopp“ verbunden werde und alles Grüne mit ungehemmtem Genuss. Es komme auf die gesamte individuelle Ernährungsweise an, und wie man sich bewege. Es sei aber anzuerkennen, wenn einzelne Unternehmen freiwillig in Testphasen mit ihren Kunden eintreten möchten.

Die beiden Nutriscore-Vorreiter in Deutschland setzen darauf, dass das neue Logo auch Kunden hierzulande anspricht. Es sei unabhängig, wissenschaftlich abgesichert, leicht verständlich und habe bereits den Praxistest bestanden, heißt es beim Lebensmittel­konzern Danone, der sein Joghurtsortiment damit kennzeichnen will. Geplanter Start: Ende Januar/Anfang Februar. Der Tiefkühlanbieter Iglo will im Januar loslegen und betont, es gehe um eine Verbraucherorientierung, die die Gesamtheit der Nährstoffe abwäge, ohne einzelne Stoffe wie Zucker oder Salz zu verteufeln. Beide Unternehmen haben mit im Blick, dass wohl auch in Belgien und Spanien ähnliche Modelle kommen könnten.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch drängt, weitere Anbieter in Deutschland müssten folgen. Die Idee sei ja, verschiedene Produkte im Supermarkt vergleichen zu können. Dafür brauche es eine einheitliche und verpflichtende Ampelkennzeichnung für alle Hersteller. Vorerst können solche nationalen Logos im EU-Markt freiwillig und als ergänzende Kennzeichnung organisiert werden. Vorgeschrieben sind seit 2016 europaweit einheitliche Nährwerttabellen mit 100-Gramm-Angaben.

Das sei ja eine neutrale und objektive Darstellungsform, argumentiert der Branchen­verband BLL. Dagegen meint Verbraucherschützer Müller, diese Angaben, die meist kleiner auf der Rückseite der Packungen stehen, würden ja auch niemandem weggenommen: „Jeder, der gerne als Hobbymathematiker unterwegs sein möchte, findet alle Informationen.“

dpa

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