Politik

Nordrhein-Westfalen will Verfassungshürden für Landarztquote ausräumen

  • Freitag, 29. September 2017
/Thomas Reimer, stock.adobe.com
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Düsseldorf – Trotz verfassungsrechtlicher Hürden will Nordrhein-Westfalens Gesund­heitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) eine Landarztquote einführen. In ihren Koalitionsverhandlungen hatten CDU und FDP beschlossen, dass künftig zehn Prozent der Studienplätze an Bewerber vergeben werden sollen, die sich verpflichten, einige Jahre als Hausarzt auf dem Land zu arbeiten.

Derzeit stimme er sich mit anderen Ländern ab, die dies ebenfalls planten, um verfassungsrechtliche Barrieren zu beseitigen, kündigte Laumann in einem Bericht an den Gesundheitsausschuss des Düsseldorfer Landtags an. Das Gremium befasst sich am kommenden Mittwoch mit dem Thema.

Ärzte sehen Quote kritisch

Der Deutsche Ärztetag hatte sich mit breiter Mehrheit gegen eine Landarztquote ausgesprochen. Die Ärzteschaft befürchtet eine Stigmatisierung der Haus- und Landärzte und eine „Totalquotierung“ aller Fächer am Ende einer solchen Entwicklung. Verfassungsrechtler haben außerdem Bedenken geäußert wegen des Rechts auf Chancengleichheit beim Zugang zu Studienplätzen und der langfristigen Bindung an einen Landarztposten, die Quoten-Studenten eingehen müssten.

Laumann warnte hingegen, in knapp einem Drittel der hausärztlichen Versorgungs­bereiche des Landes sei das Angebot schon nicht mehr bedarfsgerecht. „Wenn wir hier nicht gegensteuern und den ländlichen Raum stärken, dann laufen wir Gefahr, die hausärztliche und medizinische Versorgung auf dem Land künftig nicht mehr sicherstellen zu können.“

Zwar sei diese Entwicklung seit Jahren bekannt. Allerdings sei sowohl von der Politik als auch von den medizinischen Fakultäten ungenügend reagiert worden, kritisierte er. „Ich habe den Eindruck, dass die Allgemeinmedizin bislang an vielen NRW-Hoch­schulen das fünfte Rad am Wagen war“, so Laumann. Künftig sollten alle einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin haben, der auf Augenhöhe mit anderen Disziplinen besetzt und dotiert ist, forderte der Minister.

Finanzielle Anreize für Niederlassungen von Hausärzten auch auf größere Kommunen auszudehnen, sei ein Fehler seiner Vorgängerin Barbara Steffens (Grüne) gewesen, den er korrigieren werde, kündigte Laumann an. „Förderungen mit der Gießkanne“ seien nicht wirksam.

Im vergangenen Jahr sind in NRW nach Angaben des Ministers 457 Hausärzte in den Ruhestand gegangen, aber nur 219 neue Anerkennungen für den Facharzt „Allgemein­medizin“ erteilt worden. Auch wenn es auf das ganze Land berechnet noch keine Unterversorgung gebe, sei klar: „Das wird nicht reichen.“ Im Frühjahr waren nach Zahlen des Ministeriums fast 660 Hausarztsitze in NRW unbesetzt. Dies führe auch viele Apotheken ins Aus – vor allem auf dem Land.

Durch die demografische Entwicklung werde die Versorgungsproblematik gleich an zwei Fronten verschärft: Immer mehr ältere Menschen benötigen ärztliche Versorgung. Gleichzeitig zeichnet sich eine Überalterung bei den Hausärzten ab, von denen sich viele weit über das Rentenalter hinaus ihren Patienten verpflichtet fühlen.

Von rund 11.000 niedergelassenen Hausärzten in NRW habe die Hälfte bereits das 60. Lebensjahr überschritten, in Westfalen-Lippe seien es sogar fast 60 Prozent, berichtete Laumann. Landesweit arbeiten demnach knapp 13 Prozent der Hausärzte über das 65. Lebensjahr hinaus, in Westfalen-Lippe fast 20 Prozent.

dpa

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