Ärzteschaft

Notfallversorgung: Experten schlagen Lösungen vor

  • Montag, 3. Juli 2017
/VanHope, stock.adobe.com
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Berlin – Experten haben auf dem Sicherstellungskongress der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Lösungen für die Probleme in der Notfallversorgung vorgeschlagen. „Die Notfallversorgung im Krankenhaus, die vertragsärztliche Notfallversorgung und das Rettungswesen müssen aus einer Hand organisiert werden“, forderte Boris Augurzky vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Priorität habe dabei, dass Patienten mit zeitkritischen Diagnosen zeitnah identifiziert und effizient versorgt werden.

Die Patienten bräuchten eine zentrale Anlaufstelle über Telefon oder App, die in der Bevölkerung eine hohe Bekanntheit haben müsse, so Augurzky weiter. Bislang sei die ambulante Notfallnummer 116117 in der Bevölkerung kaum bekannt. Nur sechs Prozent könne sie korrekt angeben. Die Notfallversorgung schließlich müsse im oder am Krankenhaus gebündelt werden. Bei Bedarf könnten die Patienten dann vor Ort im Krankenhaus behandelt werden.

Unabhängige Stelle notwendig

Die Entscheidung, ob der Patient im Krankenhaus oder ambulant behandelt wird, müsse von einer unabhängigen Stelle getroffen werde, forderte Augurzky. Zuvor hatte er erklärt, dass Krankenhäuser immer mehr Patienten über ihre Notfallambulanzen aufnehmen. Hätten im Jahr 2005 noch 34 Prozent der Krankenhausfälle den Aufnahme­anlass „Notfall“ gehabt, seien dies im Jahr 2015 bereits 45 Prozent gewesen.

Zudem seien im Jahr 2009 33 Prozent aller Notfälle im Krankenhaus behandelt worden und im Jahr 2015 45 Prozent aller Notfälle. Augurzky kritisierte, dass es heute in Deutschland keine effektive Patientensteuerung gebe. „Irgendeine Steuerung brauchen wir aber. Sonst gibt es eine Übernachfrage“, sagte er. Eine Steuerung könne dabei grundsätzlich über ein zentrales Verteilungssystem erfolgen oder über Preise.

Ansätze aus Hessen

Jochen Metzner, Referatsleiter Krankenhausversorgung im hessischen Sozialminis­terium, berichtete davon, wie die Beteiligten in Hessen die Probleme in der Notfallversorgung zu lösen versuchen. „Die Kassenärztliche Vereinigung ist bei uns sehr aktiv“, sagte Metzner. So habe es vor Kurzem eine Informationskampagne der KV gegeben, mit der die Notrufnummer 116117 bekannter gemacht werden sollte. „Das ist ganz gut gelaufen“, meinte Metzner. „Ob der Patient allerdings wirklich zu erziehen ist, wird noch diskutiert. Es ist in jeden Fall einen Versuch wert.“

Metzner sprach sich dafür aus, die verschiedenen Systeme zu komprimieren und besser zu verzahnen. „In Hessen gibt es heute eine ganze Reihe von Kliniken, die nicht an der Notfallversorgung teilnehmen“, sagte er. „Die Häuser, die teilnehmen, müssen einen ärztlichen Bereitschaftsdienst am Haus haben. Anders macht es auch keinen Sinn.“ Über ein elektronisches System sei zudem einzusehen, welche Krankenhäuser an der Notfallversorgung teilnehmen und welche Aufnahmekapazitäten sie besitzen.

Mitarbeiter der Leitstellen besser ausbilden

Die Zahl der Leitstellen sei in Hessen auf 26 zentrale Leitstellen reduziert worden.  Metzner forderte, dass die Menschen, die in den Leitstellen arbeiten, besser ausge­bildet werden müssten. Dann könnten sie am Telefon schon eine erste Einschätzung vornehmen und einen Patienten, der kein Notfall sei, an das ambulante System weiterleiten.  Wie Augurzky forderte auch Metzner an den Krankenhäusern zentrale Anlaufstellen, in denen die Patienten entweder in die Notfallaufnahme oder die Bereitschaftsdienstpraxis weitergeleitet werden.

Metzner prognostizierte, dass eine einheitliche Vergütung der Notfallleistungen in der nächsten Legislaturperiode eine große Rolle in der Gesundheitspolitik spielen werde. „Dadurch würde dann ein Teil des Problems gelöst werden“, meinte er. Auch die sektorenübergreifende Versorgungsplanung werde große Bedeutung für die Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl haben. Metzner erwartet dabei keine Zuständigkeitsverschiebungen. „Die Krankenhausplanung wird Ländersache bleiben, und die KVen behalten den Sicherstellungsauftrag.“ Zudem gebe es die Tendenz, die Landesgremien nach §90a zu stärken.

KBV trifft sich mit Marburger Bund

Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen, berichtete, dass sich die KBV in Kürze mit dem Marburger Bund treffen werde, um künftige Kooperationen im Bereich der Notfallversorgung abzusprechen. „Wir wollen die Parallelstrukturen beenden und den Patienten dort abholen, wo er sich befindet“, sagte Gassen. Dabei solle es eine zentrale Anlaufstelle geben, bei der die Nummer 116117 eine wichtige Rolle spielen werde.

„Unter dieser Nummer können sich die Patienten mit einem akuten Behandlungs­wunsch anmelden und die entsprechenden Strukturen ansteuern“, erklärte Gassen. Dass sich die KBV mit dem MB und nicht mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft austauschen werde, liege daran, „dass wir das Ganze aus ärztlicher Sicht angehen wollen und nicht aus Sicht der Krankenhausverwaltungen“. Denn die hätten vielleicht andere Interessen.

fos

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