KBV und Krankenhäuser diskutieren weiter über Notfallversorgung

Berlin – Die Wogen im Streit um die Notfallversorgung schlagen weiter hoch: Auf der Veranstaltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung „KBV Kontrovers“ stritten sich heute KBV-Vize Stephan Hofmeister und der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Thomas Reumann, heftig über die Situation der Notfallversorgung.

Dabei geht es vor allem um Fälle, bei denen Menschen in die Notfallambulanzen kommen, obwohl sie auch bei niedergelassenen Ärzten versorgt werden könnten. Reumann erklärte mehrfach, dass den Menschen die Rufnummer 116117 nicht bekannt sei, ebenso würden laut einer Umfrage aus Hessen 60 Prozent der Menschen von Hausärzten in die Kliniken geschickt werden. Hofmeister hielt dagegen: „Wir haben ein verändertes Verhalten der Patienten und müssen darauf reagieren.“ Er kündigte an, dass die KBV dazu demnächst eine App vorstellen werde, die Patienten im Zweifelsfall in die richtige Versorgungsebene führen soll.
Hofmeister sprach sich aber klar gegen die Vorschläge von Reumann aus, die künftige Bedarfsplanung für Ärzte in die Hände der Landespolitik zu legen. „Wir erfüllen den Sicherstellungsauftrag und garantieren in Deutschland weiterhin den freien Arztzugang. Wir sollten gemeinsam planen und dies nicht aus der Hand der Selbstverwaltung geben.“

Reumann sieht dagegen die KVen nicht mehr in der Lage, die Sicherstellung wahrzunehmen. „Wie schon bei den Krankenhäusern muss daher die Politik bei der Planung mit hinein.“ Über die künftige Notfallversorgung und die Steuerung der Patienten wird auch der 120. Deutsche Ärztetag kommende Woche in Freiburg debattieren. Dabei wird ein Konzeptpapier der KBV, des Marburger Bundes sowie der Bundesärztekammer zur Diskussion stehen.
Zi: Vergleich der Zahlen ist Vergleich von Äpfeln mit Birnen
Angesichts des erneuten Schlagabtausches hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) heute auf Zahlen verwiesen, die zeigten, dass der Anteil der Krankenhäuser an der Notfallversorgung „überschätzt“ wird. „Ursache ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen“, sagte Zi-Geschäftsführer Dominik Graf von Stillfried. Anhand der Abrechnungsdaten von Ärzten und Krankenhäusern aus dem Jahr 2015 erklärte das Institut heute, „in welchem Zusammenhang häufig zitierte Zahlen zur medizinischen Versorgung und zur Notfallversorgung stehen“.
„Wenn Krankenhausvertreter von den rund 20 Millionen Notfällen sprechen, die jährlich in Krankenhäusern behandelt werden, sind die in den Notaufnahmen ambulant behandelten und die über Notaufnahmen stationär aufgenommenen Fälle in dieser Zahl zusammengefasst“, erläuterte von Stillfried. Diese würden aber aus unterschiedlichen Budgets bezahlt. Nur die in den Notaufnahmen ambulant behandelten Fälle könnten Krankenhäuser im Rahmen des Bereitschaftsdienstes mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) abrechnen.
Im Bereitschaftsdienst wurden von Ärzten und Krankenhäusern 2015 laut Zi rund 19 Millionen Fälle behandelt. „Aus Abrechnungsdaten der Krankenhäuser in Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein wissen wir, dass rund 40 Prozent aller 8,5 Millionen ambulanten Behandlungsfälle in den Notaufnahmen der Krankenhäuser zu den Praxisöffnungszeiten entstehen, in denen Vertragsärzte in der Regelversorgung tätig sind und daher keinen Bereitschaftsdienst leisten“, so von Stillfried.
„Außerhalb der Praxisöffnungszeiten, also im Bereitschaftsdienst, haben Vertragsärzte 10,5 Millionen Fälle behandelt, Krankenhaus-Notaufnahmen hingegen nur fünf Millionen Fälle. Vergleicht man die Behandlungsleistung nach gleichen Maßstäben, werden also rund zwei Drittel aller ambulant behandelten Notfälle durch Vertragsärzte behandelt“, rechnet von Stillfried vor.
Die Behauptung, dass die Krankenhäuser den Löwenanteil der Notfallversorgung leisteten, gehört nach Ansicht des Zi-Chefs ins Reich der Mythen. Auch sonst wird die Rolle der Krankenhäuser wegen der hohen Kosten der stationär behandelten Fälle aus Sicht des Zi oftmals überschätzt. Betrachte man alle Behandlungsfälle in der medizinischen Versorgung hätten die Krankenhäuser einen Anteil von drei Prozent an der medizinischen Versorgung in Deutschland.
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