Notfallversorgung: Marburger Bund will gemeinsame Lösung mit Vertragsärzten

Freiburg – Um das Problem zu lösen, dass immer mehr Patienten die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die ebenso gut von niedergelassenen Ärzten versorgt werden könnten, hat der Marburger Bund (MB) ein gemeinsames Vorgehen gefordert. „Wir brauchen kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander“, sagte der 1. Vorsitzende des MB, Rudolf Henke heute bei der 131. Hauptversammlung des Verbandes in Freiburg.
Er spielte damit auf den Vorwurf an, die Krankenhäuser nutzten die Notaufnahmen, um ihre Betten zu füllen. „Wir wollen nicht mehr Patienten in den Notaufnahmen“, erklärte Henke. Die Notaufnahmen müssten vielmehr entlastet werden, damit die Ärztinnen und Ärzte dort wieder Zeit hätten, sich um die wirklich dringlichen Fälle zu kümmern. Es gehe dem MB auch nicht darum, die „Notfallversorgung für die Krankenhäuser zu kapern“. Hauptanliegen sei es, die Notfallversorgung zwischen Krankenhaus und kassenärztlichem Bereitschaftsdienst besser zu vernetzen und die Behandlung der Patienten über eine zentrale Anlaufstelle zu koordinieren.
Marburger Bund setzt auf Dialog
Seine Vorstellungen hatte der MB vor kurzem bereits in einem Eckpunktepapier veröffentlicht. „Der MB ist an einem echten Dialog interessiert“, betonte Henke. Der Verband nehme deshalb auch gerne das Gesprächsangebot des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, an. Möglicherweise könne es schon im Juli zu einem ersten Treffen kommen.
Kritik übte Henke auch an der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Sie hatte erklärt, dass den Krankenhausärzten für die Abklärung von Notfällen künftig nur noch zwei Minuten zur Verfügung stünden, mehr lasse die dafür gezahlte Pauschale in Höhe von 4,74 Euro nicht zu. Das habe die Patienten zutiefst verunsichert, sagte Henke. „Wenn Patienten mehr Zeit benötigen, werden Ärzte sich diese nehmen“, versicherte er. „Sie werden eher einen Bilanzschaden der Krankenhäuser in Kauf nehmen als einen Gesundheitsschaden der Patienten.“
Kassen kehren Probleme regelmäßig unter den Tisch
Henke ging in seiner Rede vor den Delegierten des MB auch auf die unzureichende Personalausstattung in den Krankenhäusern ein. Überlastung, Zeitdruck und Millionen von Überstunden bei Ärzten und Pflegepersonal seien die Folge. Diese Probleme würden von den Krankenkassen aber regelmäßig unter den Tisch gekehrt. Sie sprächen lieber von Mindestmengen, die die Krankenhäuser erfüllen müssten, als von Mindestpersonalbesetzung, wenn sie über Qualitätsanforderungen diskutierten.
Der MB begrüße deshalb die gesetzlich geplante Regelung für Untergrenzen bei der Zahl von Pflegekräften in den somatischen Krankenhäusern. Das sei aber nur ein erster Schritt. Auch für die Zahl der Ärzte müsse es Mindestgrenzen geben. Nur dadurch ließen sich unerwünschte Wirkungen des DRG-Systems verhindern. Zurzeit regiere in den Krankenhäusern die Logik purer Betriebswirtschaft. Krankenhäuser seien aber in erster Linie humanitäre Einrichtungen, so Henke.
Natürlich dürfe man die Bedeutung der Ökonomie nicht unterschätzen. Sie müsse aber der Medizin dienen und nicht umgekehrt. „Ärzte müssen wieder mehr Zeit für ihre Patienten, ihre Weiterbildung und die eigene Familie haben“, forderte der MB-Vorsitzende. Die Unterwerfung unter eine rein ökonomische Steuerung sei unakzeptabel.
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