NRW und Bayern stemmen sich gegen bundesweite Öffnung der AOKen

Berlin/München/Düsseldorf – Mit der in Berlin geplanten Reform des Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurde bereits vereinzelt auch über eine bundesweite Öffnung aller Krankenkassen – auch der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AKOen) – nachgedacht. Diese Überlegungen stoßen bei Nordrhein-Westfalen (NRW) und Bayern auf wenig Gegenliebe, wie beide Bundesländer gestern klarmachten.
„Wir lehnen weitere Zentralisierungen im Gesundheitswesen ab“, erklärte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). NRW und Bayern forderten „übereinstimmend von der Bundesregierung den Erhalt der regionalen Gliederung der landesunmittelbaren Ortskrankenkassen“. Deren bundesweite Öffnung würde „zu negativen Folgen für die Versorgung vor Ort und für den flächendeckenden Service für die Versicherten führen“, prognostizierte Laumann.
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach hatte Ende Januar in Berlin erklärt, über Überlegungen, einzelne Kassenarten bundesweit zu öffnen, müsse man in der Großen Koalition „noch reden“. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll den Fraktionen im Bundestag bereits solche Pläne vorgestellt haben, wie das Deutsche Ärzteblatt aus gut informierten Kreisen erfuhr.
Einen Referentenentwurf zum Morbi-RSA aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), der die Gedankenspiele in eine schriftliche Form fasst, gibt es derzeit aber noch nicht. Spahn hatte zuletzt immer wieder betont, dass die Reform des Morbi-RSA auf der Agenda stehe. Nach den bisher vorliegenden Zeitplanungen des Bundesgesundheitsministeriums soll dazu im Frühjahr 2019 ein Gesetzentwurf vorgelegt werden.
Betroffen wären von solch einem Schritt vor allem die elf Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen), die bislang nicht gegeneinander konkurrieren, da beispielsweise Versicherte mit Wohnsitz in Norddeutschland nicht in einer AOK im Süden der Republik Mitglied werden können.
Laumann und Huml sprachen sich gestern zudem gemeinsam erneut dafür aus, bei Korrekturen am Morbi-RSA für eine „faire Finanzierungsgrundlage“ zu sorgen. Man „verlange“ deshalb die umgehende Einführung eines Regionalfaktors im Morbi-RSA – und zwar eingebettet in eine ausgewogene Gesamtreform der Kassenfinanzierung.
„Die Reform muss auf jeden Fall sicherstellen, dass Krankenkassen ihre regionalen Ausgaben mit den Zuweisungen aus dem Morbi-RSA decken können“, erklärte Laumann. Denn eine andauernde Unterfinanzierung würde „absehbar das bestehende Niveau der Versorgung der Versicherten in Nordrhein-Westfalen und Bayern gefährden“.
„Versorgung findet bei den Menschen vor Ort statt – und nicht am grünen Tisch in Berlin. Deshalb muss es mehr Spielräume für die Vertragspartner vor Ort geben“, betonte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).
Über die Reform des Morbi-RSA wird sowohl unter den Krankenkassenlagern als auch in der Politik seit Jahren gestritten. Zwist gibt es vor allem in der Frage, welche Faktoren für die Verteilung der Gelder herangezogen werden sollen. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist bereits festgehalten, dass der Risikostrukturausgleich mit dem Ziel eines fairen Wettbewerbs weiterentwickelt und vor Manipulation geschützt werden soll.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: