Patientenberatung wird Anfang Dezember eingestellt

Berlin – Die Beratung der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) wird früher eingestellt als bisher bekannt. Die Beratungshotline wird voraussichtlich zum 8. Dezember abgeschaltet. Das geht aus einem Abwicklungsvertrag zwischen GKV-Spitzenverband, der UPD gGmbH und Sanvartis hervor, der aber noch nicht unterschrieben ist. Das erfuhr das Deutsche Ärzteblatt heute aus gut informierten Kreisen.
Dem Vernehmen nach sollen die Vor-Ort-Beratungsstellen noch theoretisch bis Ende Dezember erhalten bleiben. Da diese aber auch ausgeräumt werden müssen, ist davon auszugehen, dass auch in den Beratungsstellen bereits vor Ende Dezember nicht mehr beraten wird. Auch der Internetauftritt der UPD soll im Dezember abgeschaltet werden.
UPD und GKV-Spitzenverband wollten das nicht offiziell bestätigen. Die Fördervereinbarung aus dem Jahr 2015 sehe vor, dass sich die beteiligten Parteien rechtzeitig vor Ende der Förderlaufzeit über alle notwendigen Handlungen für die Beendigung der UPD verständigten, sagte UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede dem Deutschen Ärzteblatt auf Nachfrage.
Diese Abstimmungen seien aktuell noch nicht abgeschlossen. Man plane, dass die UPD im Laufe des Dezembers die Beratungsangebote nach und nach einstellen werde. „Eine Einstellung der telefonischen und persönlichen Vor-Ort Beratung ab Anfang bzw. Mitte Dezember erfolgte auch bei der Beendigung der letzten Förderphase“, erklärte Krumwiede.
Vom GKV-Spitzenverband hieß es, im Hinblick auf die Befristung der Förderung sehe die Fördervereinbarung – wie in allen zurückliegenden Förderzeiträumen – eine Regelung vor, wonach sich die Parteien rechtzeitig vor Beendigung des Vorhabens über sämtliche damit in Verbindung stehenden notwendigen Handlungen verständigen müssten.
„Dies betrifft zum Beispiel Fragen der Übertragung von Nutzungsrechten und Arbeitsergebnissen, der Berichtslegung, der Endabrechnung und auch Modalitäten zur Beendigung der Beratungsangebote auf den unterschiedlichen Kanälen bis zum Ende der Förderlaufzeit“, erklärten die Krankenkassen.
Über diese Fragen befinde man sich derzeit im Austausch mit der UPD gGmbH. Da die Beratungen noch andauerten, könne man „derzeit zu entsprechenden Regelungsinhalten keine Auskunft geben“.
Der Abwicklungsvertrag zwischen Sanvartis, der UPD und dem GKV-Spitzenverband ist bereits im Ausschreibungsverfahren angelegt worden. Er kommt daher für die Verantwortlichen nicht überraschend.
Hintergrund ist, dass die derzeitige UPD sich in vollständiger Abwicklung befindet, da sie danach nicht mehr existieren wird. Alle Verträge – wie Telefone, Service, Dienstleistungen und weiteres – sind gekündigt, die Räumlichkeiten müssen bis zum Jahresende verlassen sein und übergeben werden. Da Mitte September auch allen Mitarbeitern der UPD gekündigt wird, ist etwa mit Resturlaubsansprüchen und Weggängen zu rechnen.
Beratungslücke kommt
Der Gesetzgeber hatte bisher geplant, dass ab Anfang Januar 2024 die UPD-Stiftung die Arbeit übernimmt. Das Szenario, dass die Beratung bereits Anfang Dezember endet, hatten die Ampelkoalition und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aber offenbar nicht bedacht.
Erst gestern hatte es im Gesundheitsausschuss des Bundestags noch eine Sondersitzung zur momentanen Lage bei der UPD-Stiftung gegeben. Darin war von einer Beratungslücke im Dezember nicht die Rede. BMG-Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) ging davon aus, dass zum 1. Januar die UPD-Stiftung ihre Arbeit aufnehmen wird.
Heute sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, die Politik habe entschieden, jetzt müssten GKV-Spitzenverband und der Gesundheitsminister dafür sorgen, dass die neue Stiftung Unabhängige Patientenberatung umgehend errichtet werde.
„Das ist wichtig, damit es für ratsuchende Menschen beim Beratungsangebot keine zeitliche Lücke gibt“, sagte Baehrens. Die Stiftungslösung biete die Chance, die UPD auf Dauer zu sichern, ohne ständige Neuausschreibungen und Trägerwechsel. Das ermögliche eine kompetente und unabhängige Beratung.
„Wir wollen außerdem vermeiden, dass qualifizierte Mitarbeiter die UPD aus Unsicherheit über ihre Weiterbeschäftigung verlassen. Der GKV-Spitzenverband prüft bereits rechtliche Übergangsmöglichkeiten, um möglichst schnell neue Beschäftigungsverhältnisse zu etablieren“, sagte sie.
Die Kritik der Union am Prozess helfe Patienten und Beschäftigten nicht weiter und sei „völlig unangemessen“. „Tatsache ist, dass wir gerade eine Fehlentscheidung vom damaligen CDU-Gesundheitsminister Hermann Gröhe korrigieren müssen“, meinte Baehrens.
An eine arbeitsfähige UPD-Stiftung zum Jahresanfang glaubt hinter den Kulissen kaum jemand. Es sei kaum zu schaffen, die geplante UPD-Stiftung zum Jahreswechsel arbeitsfähig zu machen, erklärte der zuständige Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hubert Hüppe (CDU).
Die CDU/CSU-Fraktion trete dafür ein, dass der jetzige Betrieb der Patientenberatung um ein Jahr verlängert werde, um den Aufbau vernünftig gestalten zu können, den bisherigen Mitarbeitern eine Perspektive zu geben und die Beratungsqualität erhalten zu können.
Das sei jetzt umso wichtiger, da die Beratungen nun bereits zum 8. Dezember eingestellt werden würden. „Das ist ein Offenbarungseid und zeigt die chaotischen Zustände, die herrschen“, erklärte der CDU-Abgeordnete.
Die Patientenorganisationen stellten heute – nach den Querelen der vergangenen Wochen um Zusagen des BMG an die Krankenkassen – erneut eine künftige unabhängige und staatsferne Beratung infrage.
„Von unabhängiger Beratung, Neutralität und Unterstützung im Sinne der Patienten kann in Zukunft keine Rede mehr sein“, sagte heute der VdK-Landesvorsitzende Horst Vöge aus Nordrhein-Westfalen.
Die Patienten seien die großen Verlierer und würden durch die massiven Einflussmöglichkeiten des GKV-Spitzenverbands schlichtweg allein gelassen. „Die UPD hängt damit chancenlos im Fangnetz des GKV-Spitzenverbands.“ Hier müsse endlich ein Weg aufgezeigt werden, die UPD aus Steuermitteln zu finanzieren.
Die 2000 gegründete bundesweite Unabhängige Patientenberatung (UPD) soll Menschen in Deutschland in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen beraten– und zwar unabhängig, qualitätsgesichert, verständlich und kostenfrei.
Um die Trägerschaft gab es von Anfang an Konflikte: Zunächst wurde sie vom Sozialverband VdK Deutschland, dem Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Verbund unabhängige Patientenberatung als Gesellschafter betrieben. 2015 wurde der kommerzielle Gesundheitsdienstleister und Call-Center-Betreiber Sanvartis mit der Trägerschaft nach einer Ausschreibung beauftragt. Seitdem wuchs die Kritik an der Beratung und an möglichen Interessenkonflikten von Sanvartis.
Anfang 2023 verabschiedete die Ampelkoalition im Bundestag deshalb ein Gesetz, mit dem die Trägerschaft der UPD ab 2024 in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt werden soll.
Allerdings hat das Gesundheitsministerium den Krankenkassen zuletzt eine starke Stellung in der Stiftung zugestanden. Daran gibt es scharfe Kritik auch von Patientenverbänden, weil Konflikte zwischen Patienten und Krankenkassen einen großen Teil der Patientenberatung ausmachen.
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