Politik

Paus dringt auf Neuregelung von Schwangerschafts­abbrüchen außerhalb des Strafrechts

  • Donnerstag, 5. Januar 2023
/Manuel Schönfeld, stockadobecom
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Berlin – Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) dringt auf eine Abschaffung des § 218 des Strafgesetz­buchs, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. Es gehe um fundamentale, um existenzielle Fragen, es gehe um das Menschenrecht auf reproduktive Selbstbestimmung und um das Recht von Frauen, über ihren Körper zu entscheiden, sagte die Grünen-Politikerin heute den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Für sie sei das Strafgesetzbuch „nicht der richtige Ort, das zu regeln“. „Wer anders als die Schwangeren selbst sollte entscheiden, ob sie ein Kind austragen möchten oder können?“, fragte Paus. „Wer anders als die Frauen selbst sollte darüber entscheiden, wann und in welchen Abständen sie Kinder bekommen?“.

Grundpfeiler des Menschenrechts auf reproduktive Selbstbestimmung seien neben dem Zugang zu sicheren und erschwinglichen Verhütungsmitteln auch die Gewährleistung von Schwangerschaftsabbrüchen sowie einer selbstbestimmten und sicheren Schwangerschaft und Geburt. „Frauen die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, dürfen nicht länger stigmatisiert werden“, sagte die Ministerin.

Die Ampelkoalition wolle daher in dieser Legislaturperiode prüfen, wie Regelungen für den Schwanger­schafts­­abbruch außerhalb des Strafgesetzbuches aussehen könnten. Dazu werde eine Kommission zur repro­duktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin eingesetzt, „um genau diese hoch komplexen juris­tischen Fragen zu klären“, kündigte Paus an. Die Koalition arbeite zudem „mit Hochdruck“ daran, sogenannte Gehsteigbelästigungen von schwangeren Frauen zu beenden.

„Ich würde das gern 2023 mit einer Erweiterung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes regeln, um einen un­ge­hinderten Zugang zu den Beratungsstellen ausdrücklich gesetzlich vorzuschreiben“, sagte die Ministerin. Angedacht sei auch die Schaffung eines neuen Ordnungswidrigkeitentatbestandes, ihr Haus sei dazu in Ge­sprä­chen mit Innen- und Justizministerium.

Auch beim Koalitionspartner SPD waren in den vergangenen Monaten wiederholt Forderungen nach einer kompletten Abschaffung des Paragrafen 2018 laut geworden – etwa von Juso-Chefin Jessica Rosenberg und von der Bundestagsabgeordneten Cansel Kiziltepe.

Skepsis kommt hingegen aus der FDP. Der aktuell geltende Strafrechtsparagraf stelle „als Ergebnis einer langen gesell­schaftlichen Diskussion einen gelungenen Kompromiss“ dar, sagte die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Katrin Helling-Plahr. „Aus ethischen und verfassungsrechtlichen Gründen stehe ich einem Aufkündigen des Kompromisses äußerst skeptisch gegenüber“, fügte sie hinzu.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erklärte auf Anfrage, die Abstimmung innerhalb der Bundesre­gie­rung über die Kommission sei noch nicht abgeschlossen. Ein konkreter Zeitpunkt für die Errichtung der Kom­mission stehe noch nicht fest.

Nach der aktuellen Regelung sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland generell strafbar, bleiben aber unter bestimmten Bedingungen – unter anderem nach einer verpflichtenden Beratung und bei einer Durch­führung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche – straffrei.

Die Einsetzung der Kommission zur Erörterung einer Neuregelung wurde im Koalitionsvertrag von SPD, Grü­nen und FDP vereinbart. Bislang ist allerdings unklar, wann das Gremium tatsächlich seine Arbeit aufnehmen wird.

afp

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